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Unterm Strich

Wo wir schon beim Thema VIP-Lounge sind (siehe den Artikel gegenüber) – hier ein Bekenntnisbericht aus der Reihe: Sehr wichtiger Leute Erlebnisse. Unsereiner wurde am Freitag zum ersten Mal einer solchen Auserkorenheit teilhaftig, und man muß schon sagen – die Scampi waren nicht schlecht! Aber vielleicht schmeckt einem nach einem Tag auf der alten taz-Galeere, wo es, weil derzeit keine Kantine vorhanden, immer nur Stullen, Stullen, Stullen (Thunfisch, Ei, Salami, Käse, Leberwurst) zur Verpflegung gibt, einfach alles, was nicht Stulle ist. Und was hatten wir nicht tapfer ausgehalten bis dahin: Erst die Zeitung vom Samstag produziert, dann um vier Uhr in die Berliner Rush-Hour, auf die Autobahn Richtung Wolfsburg, wo wir als Special Guests von VW (ja, ja, die Autos; aber wir sind hier – ehrlich! – alle ÖPNV-Anhänger, aus Snobismus, Vernunft und Armut zu etwa gleichen Teilen) die Stones sehen durften. Ein Stau war bis dahin zu umfahren, über drei Stunden im Auto zu ertragen, eine komplizierte Check-in-Prozedur durchzustehen, mehrere VW-Auto-Ausstellungen mit dem Rolling-Stones-Modell zu passieren, bis endlich gegen halb neun das VIP-Zelt der unteren Kategorie den ausgemergelten taz-Redakteuren Heimstatt wurde. Während man sich auf Kosten des Schweinesystems bei Hähnchenragout an Wildreis, Frühlingsrollen und Scampi schadlos hielt, begann sich am Himmel droben etwas zusammenzubrauen. Aber es würde sicher nicht regnen, wo doch seit Wochen kein Tropfen gefallen war. Und falls doch, versprach das „Konzert-Package“ eine kostenlose Regenpelerine – „just in case“. Gegen neun machten wir uns auf den Weg zur Tribüne. Als wir eben unsere Plätze eingenommen hatten, fielen auch schon die ersten Tropfen. Sicher ein kleiner Schauer. Gleich würde es wieder aufhören. Und falls nicht, wären „just in case“ und ruckzuck die Pelerinen da. Es wollte aber nun einmal richtig regnen, damit taz-Redakteure bloß nicht das übermütige Gefühl bekommen, sie nähmen an einem heiteren Wochenendvergnügen teil. Nein, ein strömender Regen mußte es jetzt sein, zum ersten Mal bei dieser Deutschlandtournee, und von Pelerinen konnte natürlich auch nicht die Rede sein. Wohl aber von riesigen Schirmen, die andere Ehrengäste, umsichtiger als wir, mitgebracht hatten, um sich zu schützen und uns nebenbei ein bißchen die Sicht zu verderben. Als wir ordnungsgemäß durchnäßt waren und vor Kälte zu schnattern begannen, konnte die Show beginnen. Wir schafften fünfzehn Lieder. Dann wurden wir von kräftigen Ordnern von der behelfsmäßigen Tribüne gezerrt, weil unser Zittern das baupolizeilich zulässige Maß an Vibration überschritt. Ihr da draußen, seid froh und stolz, einfache, aber gerade und klare Menschen zu sein. Und wenn sie euch sagen, ihr seid wichtig, seid unsere Gäste, kommt in die VIP-Lounge: sagt NEIN!

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