piwik no script img

Unterm Strich

Heiner Müller, der im Juni 1996 an Kulturveranstaltungen zum Gedenken an die Schlacht von Verdun im Ersten Weltkrieg teilnehmen sollte, ist vom Bürgermeister der französischen Stadt zur unerwünschten Person erklärt worden. Wie die Behörden bestätigten, forderte Bürgermeister Arsène Lux den Direktor des Theaters von Verdun schriftlich auf, Müller auszuladen. Der Dramatiker sollte dort das Stück „Les spectres du Mort-Homme“ produzieren. Anlaß für den Streit sind als „schockierend“ empfundene Äußerungen Müllers, die er Anfang Oktober bei einem Besuch in Verdun gemacht haben soll. Nach einem Bericht der Zeitung „l'Est republicain“ hatte Müller die „länderverherrlichenden“ Denkmäler als „Kitsch“ und „Lüge“ bezeichnet.

Glückwünsche gehen nach Buenos Aires, wo der Schriftsteller Juan Filloy seinen 101. Geburtstag feiert. Schon Sigmund Freud hatte den Sprachwitz des Dichters gelobt und ihn als einen Meister des Palindroms bezeichnet. Rund 2.200 solcher Sätze, die sich von links wie von rechts lesen lassen, ohne dabei den Wortlaut zu ändern, hat Filloy veröffentlicht. Insgesamt schrieb der Argentinier mehr als 50 Bücher. Sie tragen fast ausnahmslos Titel mit sieben Buchstaben: „Caterva“, „La Potra“ oder „Usaland“. Als Novellist wurde Filloy 1934 mit „Op Oloop“ bekannt, einer pornographischen Erzählung, die ihm Freuds Sympathie einbrachte. Nicht minder schön klingt die Geschichte seiner Liebe zur Britin Paulina Warshawsky, die Filloy per Brief kennenlernte. Er lebte in Córdoba, sie in der Provinz Entre Rios. Eines Tages verabredeten sie sich in Buenos Aires: „Was wir erlebten, war unglaublich“, so Filloy im Rückblick. „Wir lernten uns am Freitag persönlich kennen, am Samstag kamen wir zusammen, am Sonntag haben wir uns versprochen, und am Montag haben wir geheiratet. Alle haben gesagt, wir würden nicht länger als zwei Wochen zusammenbleiben. Tatsächlich waren es 50 Jahre. Wir waren glücklich.“ Vollkommen wie ein Palindrom.

Cy Twombly hat am Samstag den Kaiserring der Stadt Goslar verliehen bekommen. Zu seinen Trägern gehören Künstler wie Henry Moore, Joseph Beuys, Christo und als einzige Frau Rebecca Horn. Der 67jährige Maler konnte aufgrund einer plötzlichen Erkrankung nicht an den Feierlichkeiten teilnehmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen