: Unterm Strich
Mehr als 2.000 Titel sind über die mysteriösen Umstände seines Todes und seiner Herkunft erschienen, doch mehr Gewißheit als heute war nie. Kaspar Hauser, der 1828 den Marktplatz von Nürnberg betrat, ist kein badischer Prinz. Das ist jetzt per DNS-Test, dem sogenannten genetischen Fingerabdruck, festgestellt worden. Die Entzauberung der Welt geht also weiter. Wer Kaspar Hauser war, weiß man deswegen noch lange nicht. „Auf dem Marktplatz standen sie um ihn her und begafften ihn dort“, sang dereinst schon Reinhard Mey. Nun wird er mit den neuesten Inspektionsmöglichkeiten der Gerichtsmedizin in Augenschein genommen.
Ganz ohne technischen Zauber, lediglich eine wunderbare Wiederentdeckung, ist einem verloren geglaubten Werk des Romanciers Ernst Weiß widerfahren. Es handelt sich dabei um die Erzählung „Jarmila“, die Stefan Zweig als eine der stärksten Novellen des Autors bezeichnet hatte. Der 1940 gestorbene Ernst Weiß, ein Freund Franz Kafkas, hatte die Erzählung im Sommer 1937 im Exil in einem Pariser Hotel geschrieben. Das 58 Seiten umfassende Typoskript wurde jetzt in Prag im Museum des nationalen Schrifttums aufgefunden.
Nicht gerade wiederentdeckt, aber komplettiert wurde nun Frank Wedekinds „Lulu“. Der Darmstädter Verlag Jürgen Häusser bringt eine kritische Studienausgabe mit sämtlichen Fassungen und Entwürfen heraus, der Stoff für jede Form der Exegese. Enthalten sind außerdem Dramenfragmente, von denen noch einige unpubliziert waren. Sie dokumentieren, so der Herausgeber Hartmut Vincon, Wedekinds intensive Auseinandersetzung mit dem Tanz.
Was Kulturpessimisten schon immer geahnt haben, wird nun empirisch belegt. Niemand will mehr lesen. Der Umsatz für Hörbücher jedenfalls ist um 20 Prozent auf 46,6 Millionen Mark gestiegen. Daß es sich dabei um Nichtleser handelt, ist allerdings nicht zu vermuten. Die Ohrenzeugen greifen bevorzugt zu Thomas Mann. Bei neueren Titeln liegt „Sofies Welt“ von Jostein Gaarder vorn.
„Come up and see me“. Steve Harley ist wieder da. Mit seiner Band Cockney Rebel beglückt er die zahlreichen Fans der 70er Jahre, die Feuerzeuge zündeten und die Background-Vocals gleich selbst beisteuerten. Ach ja, best years of our lifes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen