piwik no script img

Unterm Strich

An einem letzten Arbeitstag vor der endgültigen Absorption durch die bürgerliche Kleinfamilie ereilt die Angestellte plötzlich eine seltsame Altersmilde, wo gestern noch zähnefletschender Zorn und nervöser Schaffensdrang herrschten. Ein buddhistisches Schmunzeln hat sie selbst noch für die dämlichste Hausmitteilung im Fahrstuhl übrig; die groteskesten Sparideen werden kichernd durchgewunken, die larmoyanteste Blattkritik mit einem fröhlichen „Hurrah, nun guttt!“ begrüßt. Und die Kollegen!! So niiiiedlich!

Auch die Kurzmeldungen sind allerliebst: So ging der Christine Lavant Lyrik-Preis vergangenes Wochenende an den 34jährigen Ostberliner Autor Andreas Altmann. In der Begründung, die niemand geringeres als die Jurysprecherin Ulla Hahn verlas, wurden die Gedichte vor allem wegen der „wunderbaren Distanz zwischen privaten und politischen Erfahrungen“ gelobt. Der Christine Lavant – Förderungspreis in Höhe von

40.000 Schilling ging an die 24jährige Silke Andrea Schuemmer aus Aachen.

Außerdem ist ein elsässischer Denkmalschützer wegen des Verdachts auf Kunstdiebstahl verhaftet worden. Der Direktor für historisches Erbe im Departement Oberelsaß (Haut-Rhin), Gilbert-Charles Meyer, soll gemeinsam mit Komplizen Kunst des 19. Jahrhunderts aus Schlössern, Kapellen und Friedhöfen in Ostfrankreich gestohlen haben. Ein großer Teil der Beute soll auf dem Flohmarkt von Metz sowie in Belgien verkauft worden sein. Am vergangenen Freitag waren die Häuser der zehn Verdächtigen durchsucht worden. Dabei wurden 45 Bronzeschalen mit einem Gewicht von 25 bis 300 Kilogramm sichergestellt sowie Bronzeglocken, vergoldete Ornamente („He, Sie da! Wohin wollen Sie mit meinen vergoldeten Bronzeglocken!“), alte Möbel und wertvolle Figuren gefunden. Schätzungen über den Gesamtwert konnten die Behörden zunächst nicht machen. Insgesamt sieben Verdächtige wurden in Haft genommen. Meyer war bereits 1990 in Colmar in Verdacht geraten, diverse Dinge unschön an sich gebracht zu haben. Er war dann aber vom Gericht der elsässischen Stadt freigesprochen worden.

Unter dem Motto „Karibik!“ lädt das Berliner Haus der Kulturen der Welt ab Sonnabend zu seinem diesjährigen Festival Traditioneller Musik ein. Das muß einstweilen genügen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen