: Unterm Strich
Ob Goslar-Ring oder Hosenbandorden, man gewöhnt sich an überflüssige Auszeichnungen. In Frankreich zum Beispiel wurden an Neujahr so wichtige Menschen wie die Sängerinnen Mireille Mathieu und Sylvie Vartan in die französische Ehrenlegion aufgenommen. Den Ritterschlag erteilt dabei Staatspräsident Jacques Chirac auf Vorschlag seiner Ministerien. Auf der offiziellen Liste der neuen Mitglieder sind unter anderem auch der Skistar Luc Alphand, der Physik-Nobelpreisträger Claude Cohen- Tannoudji, der Chef der Fluglinie Air France, Marc Veron, oder der Präsident des Kinokonzerns Gaumont, Nicolas Seydoux.
Wie unsinnig, grundfalsch und überhaupt unappetitlich diese Auszeichnung allerdings ist, hat nun der Dramatiker Bernard Clavel gezeigt: Er lehnte seine Aufnahme in die Ehrenlegion einfach ab. In einer am Wochenende in Paris veröffentlichten Mitteilung stellte der 74jährige Schriftsteller fest, er bleibe lieber „im Clan derjenigen, die diese Auszeichnung verweigert haben“. Sein Onkel habe den Orden erhalten, weil er „sein Blut in der fürchterlichsten Schlächterei seit Menschengedenken“ für sein Land vergossen habe. „Ich glaube, er würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er mich mit dem gleichen Ordensabzeichen sehen könnte.“
Die spinnen, die Briten! Während man hierzulande noch statistische Erhebungen darüber macht, ob eine Verlängerung der Museumsöffnungszeiten von 17 auf 20 Uhr beamtenverträglich ist, sollen in London die Kunsthäuser bis Mitternacht – ach, was sag' ich: rund um die Uhr aufbleiben. Dann braucht man Disco-Bekanntschaften nicht mehr ins Hotel auf einen one- night stand abzuschleppen, sondern kann mit ihnen noch auf ein paar Bilder ins Museum schauen. Das spart Geld und fördert womöglich sogar die Liebe (man kennt das aus Hitchcocks „Vertigo“). Die Königliche Akademie der Künste hat jedenfalls Pläne, bestimmte Tage – etwa freitags oder samstags – durchgehend geöffnet zu bleiben. Den Start könnten eine Monet-Ausstellung und ein Rückblick auf die Kunst des 20. Jahrhunderts Anfang 1999 machen, sagte eine Sprecherin dem Guardian vom Samstag. Die Erfolge vergangener Ausstellungen und die wachsende Zahl von Supermärkten, die in der Nacht immer mehr Kunden anziehen, bestärkten die Galerie in der Annahme, daß auch „Kunsthungrige“ nächtliche Museumsbesuche unternehmen würden. Das mag für die „Sensation“-Show der young british artists zwar stimmen – aber wer geht schon morgens um vier Monets „Seerosen“ gucken?
Six more miles to the graveyard? Der erst 18 Jahre alte Country-Sänger Presley Wayne Spriet ist in Oregon tot aufgefunden worden. Der als Nachwuchstalent des Jahres ausgezeichnete Musiker lag mit einer Schußverletzung im Kopf in der Nähe seines Hauses in den Elkhorn Mountains im Nordosten von Oregon. Als Ursache komme ein Selbstmord oder ein Unglücksfall in Betracht, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft im Bezirk Baker. Mit Neueinspielungen von Songs des Musikers Conway Twitty hatte sich Presley Wayne auf Anhieb an die Spitze der Country-Hitparade in den USA gesetzt.
Jetzt, wo doch gerade Brecht-Jahr ist, soll auch dieses Ereignis nicht unerwähnt bleiben: Zum 100. Geburtstag von Bertolt Brecht zeigt das Hamburger Thalia Theater in seiner Zweitspielstätte „TiK“ die Uraufführung des Brecht- Stückes „Hans im Glück“. Titel und Thema des frühen Brecht-Textes sind dem Märchen der Brüder Grimm entlehnt. Der junge Regisseur Christian Schlüter inszeniert die Uraufführung, die am 11. Januar Premiere hat. Brecht hat „Hans im Glück“ vermutlich ab September 1919 noch in Augsburg verfaßt. Das Stück wurde mehrmals von ihm überarbeitet und schließlich liegengelassen.
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