: Unterm Strich
Die Forderung nach einem zentralen Goethe- Denkmal, gleich um die Ecke vom geplanten und weiterhin ungewissen zentralen Holocaust- Mahnmal, kam gestern an dieser Stelle auf. Mehr Zentralismus war nie. Vor Zentralismus in kulturpolitischer Hinsicht hat jetzt der Leiter der Ruhrfestspiele Recklinghausen, Hansgünther Heyme, gewarnt. Die kulturelle Zukunft Europas „wird in den Regionen und nicht in den Hauptstädten liegen“, sagte Heyme. Die jüngsten Ankündigungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder und seines Kulturbeauftragten Michael Naumann, die Kulturetats nur für die neuen Länder auf 220 Millionen Mark nahezu zu verdoppeln und für Berlin um 60 Millionen aufzustocken, gäben hier das falsche Signal, meinte der Ruhrfestspielleiter. Grundsätzlich seien Mehrausgaben für die Kultur zu begrüßen, doch die von den beiden Politikern genannten Summen „müssen ja, wie leider üblich und oft erfolgt, jemand anderem weggenommen werden“, befürchtet Heyme: „Es geht da um die Frage der Gewichtung.“ Er habe „Angst vor Tendenzen“, daß mit der Schwächung des Föderalismus die Vielfalt in der Kulturszene bedroht sei, unterstrich Heyme. Die Frage sei nun, ob die Länder „finanziell und vor allem intellektuell“ kräftig genug seien, gegen diesen beginnenden Zentralismus Kurs zu halten, meinte der ehemalige Intendant der Bühnen in Köln, Stuttgart und Essen. Die Konzentration der neuen rot-grünen Regierung auf einen Bundeskulturminister hätte Länder und Regionen längst anregen müssen, „provokativ und aggressiv, die eigene Kultur verstärkt stützend, zu reagieren“. Bisher habe es keine gebündelte Kulturpolitik des Bundes gegeben: „Und das war gut so.“ Die Debatte um das Berliner Holocaust-Mahnmal „unter Einbeziehung von Hollywood“ sei ein Symbol für das Scheitern einer Kulturpolitik, die sich „intellektuell-feudal einmischt“, sagte Heyme.
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