: Unterm Strich
Die Meldung lief über dpa, und die Überschrift ist vielsprechend: „Guss der 'Domina‘ in Halberstadt auf CD gepresst“. Eine gießende Domina nimmt ihre, uhumm, Tätigkeit als Musik auf – hat womöglich RTL die Anmoderation im sonst eher spröden Nachrichtengeschäft übernommen? Allein, die Sache nimmt dann eine ganz andere Wendung. Die Domstiftung des Landes Sachsen-Anhalt wird im Dezember eine Multimedia-CD zum Guss der Halberstädter Domglocke „Domina“ herausgeben. Hahaha. Mit Videosequenzen, Fotos, Zeichnungen und Texten stellt sie neben dem „Jahrhundertereignis“ eines Glockengusses unter freiem Himmel auch die Geschichte des gotischen Gotteshauses dar. Doppelhahaha. Die Wiederherstellung des mittelalterlichen und in seiner Art in Deutschland einmaligen Domgeläuts war Anlass für die Edition. Schnarch. Die CD erscheint mit 2.000 Stück und soll etwa 30 Mark kosten, der Erlös fließt vollständig in den Erhalt des Domes. Doppelschnarch.
Oder interessiert Sie vielleicht der Internationale Deutsche Varietépreis 1999? Er wurde an den ukrainischen Künstler Andrey Ivachnenko für seine Seiltanz- und Jongliernummer verliehen und bringt dem guten Mann 15.000 Mark. Die Jury ermittelte den Preisträger unter zehn Darbietungen aus dem In- und Ausland. Weitere Auszeichnungen gingen an Anatolii Zalevskyi, der für seine Akrobatik- und Tanznummer mit dem Publikumspreis und dem Sonderpreis Artistik des Wintergarten Varieté Berlin geehrt wurde. Außerdem gab es Sonderpreise für den Magier Finn Jon aus Norwegen sowie die russisch-ukrainischen KGB Clowns. Bei so viel Würdigung hätte man ruhig noch den restlichen sechs Jonglierenden, Zaubernden und Clownenden oder was man halt auf einer Varietébühne anstellt, während das Publikum vor sich hindöst, Trophäen überreichen können. Es sind schließlich auch nur Menschen.
Doch hoppla, Achtung, es tut sich was: Wegen Körperverletzung und Beleidigung ist ein 28-jähriger Musikkritiker am Montag vom Amtsgericht Tiergarten zu 4.000 DM Geldstrafe verurteilt worden. Der freiberuflich für eine Berliner Tageszeitung Tätige hatte sich am 30. Januar im Konzerthaus am Gendarmenmarkt an einer Schlange Wartender vorbei zur Kasse vorgedrängt. Auf Unmutsäußerungen reagierte er unwirsch und beschimpfte die Wartenden als „Proletenpack“ und „niederes Volk“. Unvermittelt schlug er dann von hinten mehrmals mit der Faust auf den Hinterkopf eines 37-Jährigen ein. Dieser klagte danach über starke Kopfschmerzen und Sehstörungen, die zu einer einwöchigen Arbeitsunfähigkeit führten. Der Angeklagte gab zwar vor Gericht an, er habe den 37-Jährigen nur ein bisschen „angetippt“. Dies wurde allerdings von mehreren Zeugen widerlegt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen