: Unterm Strich
Michel Friedman, Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, hält den Kinofilm „Nichts als die Wahrheit“ für gescheitert. In dem Justiz-Thriller von Roland Suso Richter wird dem KZ-Arzt Josef Mengele – gespielt von Götz George – fiktiv der Prozess gemacht. Friedman schreibt in einer am Mittwoch vorab veröffentlichten Kritik für die Programmzeitschrift TV Today der Film sei vor allem eins: oberflächlich. „Der Film wagt sich an eine der dramatischsten und mörderischsten Gestalten der Menschheitsgeschichte und es gelingt nicht mal ansatzweise, diese Person transparent werden zu lassen. Darüber hinaus versucht der Film, Mengeles Handeln mit der heutigen Euthanasie-Diskussion in Verbindung zu bringen. Dies ist unverzeihlich, da Mengele die Symbolperson der Menschenversuche ist, nicht der Euthanasie“, schreibt Friedman.
Auch die heutige Nazi- und Neonazi-Szene werde ins Spiel gebracht – „klischeehaft und banal gezeichnet“. Andererseits finde „die erwartete Auseinandersetzung nicht statt: Dass Mengeles Anwalt sich und uns mit der Frage des 'Warum‘ konfrontiert. Nichts kommt in seinen Dialogen mit Mengele heraus.“
Der Soziologe Jürgen Habermas hat sich erstmals öffentlich zu den persönlichen Vorwürfen des Philosophen Peter Sloterdijk und dessen umstrittenem Vortrag über Chancen und Gefahren der Menschenzüchtung geäußert (s. taz, 13. 9.). In einem Leserbrief, den Die Zeit in ihrer neuen Ausgabe druckt, wehrt sich Habermas mit „Richtigstellungen“ gegen Sloterdijks Behauptung, er – Habermas – hätte bei Journalisten Alarmartikel in Auftrag gegeben. Sloterdijk, der von einer „Undercoveraktion“ und Denunziation gesprochen hatte, habe „eine amüsante Geistergeschichte“ erfunden. Bei Sloterdijks Methode der Auseinandersetzung bleibe einem aber „das Lachen im Halse stecken“.
Inhaltlich setzt sich Habermas bewusst nicht mit Sloterdijks im Juli gehaltenem Vortrag auseinander, resümierte aber: „Er (Sloterdijk) streut dem Publikum Sand in die Augen, wenn er sich nun als harmlosen Bioethiker darstellt. In dieser Situation habe ich nichts weiter zu bemerken.“ Im Spiegel war der Vortrag als faschistische Rhetorik kritisiert worden, Die Zeit schrieb vom „Zarathustra-Projekt“.
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