Unterhaltsstreit vor Bundesgerichtshof: Ex-Mann will nicht an Lesbe zahlen
Nach 26 Jahren verließ eine Frau ihren Mann für eine Frau - ein Grund, ihr Unterhalt zu verweigern? Ein Amtsgericht beschied: Ja. Nun entscheidet der Bundesgerichtshof.
Frau K. liebt jetzt eine Frau. Früher liebte sie einen Mann. Eine Privatsache, die kaum geeignet scheint, jahrelang Gerichte zu beschäftigten. Wäre da nicht K.s Exmann. 26 Jahre waren die beiden verheiratet. Fünf Kinder zogen sie groß. Dann scheiterte die Ehe. Jetzt weigert sich der Mann, seiner lesbischen Exfrau Unterhalt zu zahlen. Ob er das darf, beschäftigt jetzt den Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Laut Gesetz steht einem Ehepartner Unterhalt zu, wenn er nach längerer Ehe nicht aus eigener Kraft sein Leben bestreiten kann, wenn er ein Kind erzieht oder krank ist. Diese Bedingungen sind bei K. erfüllt. Sie hat keine Arbeit, ist körperlich und seelisch beeinträchtigt. Herauswinden kann sich der Mann aus seinen Pflichten also nur, wenn er sich auf "grobe Unbilligkeit" beruft, wie Juristen es nennen. Die Frage ist also, ob dies im vorliegenden Fall gegeben ist. Und ob der Umstand, dass sich seine frühere Gattin nach der Trennung in eine Frau verliebt hat, überhaupt relevant ist.
Im Unterhaltsrecht gibt es Tatbestände, die dazu führen können, dass der Unterhalt gestrichen oder reduziert wird. So ist zum Beispiel ein Mann nicht verpflichtet, seiner Exfrau Unterhalt zu zahlen, wenn diese ein Verbrechen gegen ihn begangen hat. Im Alltag relevanter ist wohl das "Ausbrechen aus einer intakten Ehe". Wenn die Geldempfängerin vor der Trennung eine neue Beziehung eingegangen ist, kann das ein Grund sein, den Unterhalt zu kürzen oder auszusetzen.
Der Hintergedanke: Der Mann, der sich glücklich verheiratet wähnte, mit der Frau Tisch und Bett teilte und dann auf einmal erfährt, dass sie einen anderen liebt, soll das nicht auch noch finanzieren müssen. Der andere gängige Fall: Nach der Trennung gehen der Mann oder die Frau eine neue Beziehung ein. Auch dann kann der Unterhalt befristet oder herabgesetzt werden - aber nur, wenn sich die neue Beziehung verfestigt hat. Als Schwelle gilt hier eine Dauer von zwei bis drei Jahren.
Ob sich eine Frau nun in eine Frau oder in einen anderen Mann verliebt hat, war bisher allerdings nicht Teil der Argumentation. "Das wäre auch wirklich nicht mehr zeitgemäß", sagt Jutta Wagner, Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds.
Umso erregter reagierten Medien wie Öffentlichkeit, als 2003 das Urteil der ersten Instanz bekannt wurde. Denn das Amtsgericht Schwedt urteilte im Sinne des Mannes. Die Frau habe "pflichtwidrig die geistig-seelische Ehegemeinschaft aufgehoben", befand das Gericht.
Das Oberlandesgericht Brandenburg hob dieses Urteil vor vier Jahren auf. Es konnte keine "grobe Verantwortungslosigkeit und Pflichtwidrigkeit" feststellen. Die sexuelle Neuorientierung bezeichnete das Gericht als "natürliche, schicksalsbedingte Begebenheit", die der Frau kaum eine Wahl als die Loslösung aus der Ehe lasse. Die Anwältin des Mannes sieht dies anders: Sie spricht von einem "Fehlverhalten".
Eine Klärung des Streits ist auch deshalb relevant, weil es sich nicht um einen Einzelfall handelt. "Dieser Ehemann ist nicht der erste, der dieses Vorgehen versucht", sagt Wagner. Schon mehrfach hätten Männer, die den Unterhalt kürzen wollen, "mit der besonderen Kränkung des Eingehens einer lesbischen Beziehung" argumentiert. Sie blieben erfolglos. "Die Rechtsprechung hat bislang keinen Unterschied gemacht, ob man nun einen gleichgeschlechtlichen oder andersgeschlechtlichen neuen Partner wählt", sagt Wagner. Sie ist überzeugt, dass dies auch weiterhin kein Kriterium sein wird. Am heutigen Donnerstag wollen die Bundesrichter ihr Urteil verkünden.
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