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Unter der neuen Regierung in DamaskusSyriens Drusen in der Zwickmühle

Laut Social Media sollen die Drusen ein Abkommen mit der neuen Regie­rung geschlossen haben. Doch stimmt das? Es gibt Zweifel.

Der drusische Anführer, Scheich Hikmat al-Hajari, ist auf einem Plakat in Sweida, Syrien, zu sehen Foto: Yamam al Shaar/reuters

Berlin taz | Eine handgeschriebene Heftseite in arabischer Schrift machte am Mittwoch in den sozialen Netzwerken die Runde. Dabei handele es sich angeblich um das zwischen einem drusischen Anführer in Südsyrien, Scheich Hikmat al-Hajari, und der neuen syrischen Regierung gerade unterschriebenes Abkommen. Laut Medienberichten soll der Deal die drusischen Milizen in die staatliche syrischen Armee aufgehen lassen. Auch sollen ausgebliebene Gehälter sofort bezahlt und zu Unrecht gekündigte Be­am­t*in­nen Stellen zurückbekommen. Internationale Medien hatten bereits einen Tag zuvor über den angeblichen Deal berichtet. Doch die Realität ist offenbar komplizierter.

„Es gibt zufriedenstellende Absprachen, aber ich kenne die Details nicht“, sagt Muhsina al-Mahithawi. Die taz hatte bereits zuvor über al-Mahithawi berichtet. Sie ist Drusin und war für das Amt der Gouverneurin in Suweyda vorgeschlagen worden, sollte ernannt werden – und dann doch nicht. Nun wurde sie zur Chefin des provinziellen Rats von Suweyda und zur Vizegouverneurin neu ernannt. Als Gouverneur fungiert ein von der Regierung entsandter Funktionär, Mustafa al-Bakour, wie die taz berichtete.

Offenbar sind nicht alle Drus*­in­nen von dem Abkommen überzeugt, auch die Regierung hat offiziell noch nichts verkündet. Das Nachrichtenportal Suweyda24 dementierte ebenfalls ein Abkommen und bezog sich auf eine anonyme Quelle aus dem Umfeld der drusischen Anführer.

In Suweyda, einer Stadt im Süden Syriens, in der die meisten Ein­woh­ne­r*in­nen der drusischen Religion angehören, ist die Lage seit der Machtübernahme einer sunnitischen Rebellenkoalition Anfang Dezember 2024 kompliziert: Viele Drusinnen und Drusen demonstrierten schon seit 2023 regelmäßig gegen das Regime des ehemaligen Präsidenten Baschar al-Assad, hegen aber auch Misstrauen gegenüber den neuen Machthabern. Umso mehr jetzt, nach der jüngsten Tötung von Hunderten alawitischen Zi­vi­lis­ten bei Zusammenstößen zwischen Assad-Loyalisten, den neuen Streitkräften und Milizen.

Syrien bekommt eine Übergangsverfassung – für fünf Jahre

Jüngst unterschrieb Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa ein Abkommen mit den kurdischen SDF-Streitkräften im Nordosten. Demnach sollen die kurdischen Einheiten in der syrischen Armee aufgehen und zivile Einrichtungen in die syrische Verwaltung integriert werden. Auch sollen die Kur­den Un­ter­stüt­ze­r des früheren Regimes bekämpfen und im Gegenzug die Anerkennung ihrer Sprache und Kultur sowie syrische Staatsangehörigkeit erhalten.

Am Donnerstag unterzeichnete al-Scharaa außerdem eine temporäre Verfassung, die fünf Jahre lang gelten soll. Über den Inhalt sind bisher nur einige Punkte bekannt: Demnach solle „islamisches Recht die Hauptquelle“ von Gesetzen sein. In der vorangegangenen Verfassung wurde islamisches Recht als „eine Hauptquelle“ genannt. Die Verfassung soll außerdem nach Angaben der Regierung das Recht von Frauen „auf Bildung und Teilhabe an der Arbeit“ verankern, ihnen politische Rechte garantieren und „Freiheit von Meinung, Ausdruck, Medien, Veröffentlichung und der Presse“ schützen. Fünf Jahre lang soll die Übergangsverfassung gelten, al-Scharaa ebenso lange im Amt bleiben.

Al-Scharaa hatte immer wieder versprochen Minderheiten zu schützen. Inwiefern das in der neuen Verfassung verankert ist, muss sich noch zeigen. Könnte dennoch das Abkommen mit den Kurden ein Vorbild für die Drusen sein? „Wir lehnen es zu diesem Zeitpunkt absolut ab, Waffen abzugeben – die Regierung ist salafistisch“, sagt Aktivist Basil Fayez Janbieh. Sollte die Regierung freien Wahlen, Gerechtigkeit und einer politischen Vertretung aller Elemente des syrischen Volkes zustimmen, wäre man bereit.

Ausländische Einflüsse durch Türkei und Israel

Und dann kommen noch die ausländischen Einflüsse hinzu: Jüngst gab es Auseinandersetzungen zwischen Drusen und syrischen Streitkräften in Jaramana, einem Bezirk der Kapitale Damaskus. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte den Drusen seine Unterstützung unmittelbar zu und drohte der neuen syrischen Regierung. Seit dem Sturz Assads hat Israel syrische Dörfer auf den Golanhöhen und den Grenzgebieten Syriens besetzt sowie ehemalige Militärposten bombardiert.

Verteidigungsminister Israel Katz will syrischen Drusin­nen und Drusen erlauben, auf den israelisch besetzten Golanhöhen zu arbeiten. Offenbar gibt es Spannungen zwischen Drusen, die Syriens neue Regierung unterstützen und denen, die Autonomie verlangen. Das bestätigt eine lokale Quelle mit Insiderwissen, die anonym bleiben möchte. Er erklärt: Ein Abkommen sei von Scheich al-Hajari unterschrieben, dann aber wieder zurückgenommen worden. Al-Hajari war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Eine Anfrage der taz an die israelische Regierung blieb unbeantwortet.

Ein junger Druse sagt: Man werde gerade in eine Ecke gedrängt, „dass wir zwischen zwei Besatzungen wählen müssen: die türkische [Syriens neue Regierung, Anm. d. Red.] oder die israelische. Niemand aber möchte eine Besatzung.“

Die Drusen in Syrien hätten das Recht, Hilfe bei ihren Verwandten in Israel zu suchen, findet ein Bewohner Suweydas, der anonym bleiben möchte. Aktivist Basil Fayez Janbieh drückt es diplomatisch aus: „Meiner Meinung nach sollten die Beziehungen zu Israel im Einklang mit internationalem Recht und Abkommen erfolgen“. Es gebe viele, sagt er, die Israel als demokratischen Staat und Beschützer von religiösen Minderheiten unterstützten.

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