: Unter Sternen
■ »Lyrik und Prosa unter dem Sternenhimmel« — eine Veranstaltung der Sternwarte
Ob es die Gewohnheit ist, sich selbst in den Mittelpunkt des Ganzen zu setzen, oder ob es noch etwas gibt, das den Vergleich mit anderen Einrichtungen verhindert: im Zeiss-Großplanetarium, unter einer Kuppel von zwanzig Metern Durchmesser, wird mit sich selbst verglichen, und die kleinste Kuppel hier mißt schließlich nur fünf Meter im Durchmesser. Man sollte sich dieses Prinzip zu eigen machen, denn die Veranstaltung hält keine anderen als derart bescheidene Vergleiche aus.
Aus dem Dunkel senkt sich der künstliche Sternenhimmel, in seiner Dichte bedrohlich, auf die Zuschauenden herab. Mit dem Einsetzen der Musik ist die Kinoatmosphäre perfekt. Da auch die Texte, mit dem Charme einer erstklassigen Schülerinnen-Lesung vorgetragen, aus der Tonbandkonserve kommen, wird sich im Laufe des Abends an diesem Eindruck auch nichts mehr ändern.
Es folgen anderthalb Stunden mit vierzehn Texten ebenso vieler Autoren und unzählbaren Sonnen- und Mond-, Auf- und Abgängen. Alles dreht sich mit überhöhter Geschwindigkeit. Unter den Texten, witzig bis romantisch, befindet sich ein längerer Auszug aus dem Prosatext Der kleine Prinz von Antoine de Saint- Exupéry. Im Gegensatz zu den Gedichten mit Musikeinschüben bringt dieser professionell gelesene, immer auf das neue zu genießende Text endlich ein wenig Ruhe und die Gutenachtgeschichte, die in diesem Rahmen angekündigt ist.
Die Idee, hier Lesungen abzuhalten, ist also umsetzbar, auch wenn sich diesmal das Auge der Unendlichkeit mit Nietzsches »Nach neuen Meeren« nur kurz öffnete, um sich sogleich wieder zu schließen. Daß dem so ist, liegt nicht zuletzt an der auf naive Rezeption abzielenden Verbindung, die Musik und Bild an diesem Abend miteinander eingehen. Die mangelnde Erfahrung des Vereins »Wilhelm-Foerster-Sternwarte« ist offenkundig, aber nicht endgültig. Anja Koch
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