Unter Ernährungsexperten umstritten: Dänemark beschließt Fettsteuer
Immer rein mit den gesättigten Fetten? "Nein", sagt die dänische Regierung und führt eine "Fettsteuer" ein. Die Landwirtschaftslobby läuft Sturm.
STOCKHOLM taz | Die dänische Regierung sorgt sich um die Gesundheit ihrer Bevölkerung und führt ab dem 1. Oktober eine Fettsteuer ein. Fast einstimmig verabschiedete das Parlament in der vergangenen Woche eine entsprechende Gesetzesvorlage.
Die Regierung hofft, so den Konsum von Lebensmitteln mit einem hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren zu senken. Dazu wird ein Kilo solcher Fettsäuren mit einer Steuer von 16 Kronen (ca. 2,15 Euro) belegt. Das führt dazu, dass ein Paket Butter oder ein halber Liter Schlagsahne 30 bis 35 Cent oder knapp 20 Prozent teurer werden. Bei Käse und Fleisch steigen die Preise je nach Fettgehalt um drei bis sechs Prozent, die Sechserpackung Eier wird umgerechnet 20 Cent teurer.
Die Regierung bewirbt die "Gesundheitssteuer" auch mit dem positiven Effekt für die Staatskasse. Der Verzehr von Lebensmitteln, die zu hohen Blutfettwerten führen könne, sei ein "Risikofaktor", der "zur Ausbreitung von Volkskrankheiten beiträgt", heißt es zur Begründung. Die neue Steuer solle die Bevölkerung veranlassen, "Produkte mit einem niedrigeren Anteil an gesättigtem Fett zu wählen". So soll die Allgemeinheit von Kosten für die öffentliche Gesundheitsvorsorge entlastet werden.
Die Fettsteuer ist unter Ernährungsexperten umstritten. Sie kritisieren, dass nun auch Lebensmittel teurer werden, deren Konsum trotz eines hohen Fettgehalts empfehlenswert sei, wie Nüsse, Olivenöl und eine Reihe von Molkereiprodukten. Solche Einwände wurden teilweise dadurch berücksichtigt, dass es nun eine nicht besteuerte "Bagatellgrenze" von 2,3 Prozent an gesättigten Fettsäuren gibt und beispielsweise Vollmilch gar nicht besteuert wird. Auch Fisch, der gesättigte wie ungesättigte Fettsäuren enthält, wurde ganz von der Steuer ausgenommen.
Landwirtschaftslobby: Warum Fisch, aber nicht Geflügel?
Warum Fisch, aber nicht Geflügel, fragte prompt die Landwirtschaftslobby. Solche Ausnahmen seien willkürlich, das mache die gesamte Steuer unzulässig, meint auch die Vereinigung der Margarineproduzenten. Sie hat Kopenhagen deshalb bereits bei der EU-Kommission wegen des Verstoßes gegen die Konkurrenzgesetzgebung und die Behinderung des freien Warenverkehrs angezeigt.
Auf EU-Ebene gibt es bislang keine Pflicht zur Ausweisung des Gehalts gesättigter und ungesättigter Fettsäuren. Trotzdem gilt auf alle Lebensmittel, die nach Dänemark eingeführt werden, die neue Steuer. Kann der Handel den Fettgehalt beispielsweise von importierten Pizzen oder Keksen nicht nachweisen, gilt kurzerhand ein erhöhter pauschaler "Strafsatz".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg