: Unschön sporthistorisch siegen
■ American Football: Hamburg Blue Devils gewinnen knapp gegen Kiel Hurricanes
Manche Leute reden einfach nicht gerne. Als Bernhard Rozic nach dem Match aufgefordert wurde, drei Worte zum Spiel zu sagen, äußerte er sich knapp: „Gut gespielt, Defense“, um nach kurzer Pause hinzuzufügen, „das waren doch drei Worte, oder?“ Dieses Selbstlob des Verteidigers der Blue Devils war allerdings in der Tat gerechfertigt. Durch die rustikale Arbeit der bulligen Defense Liner – keiner von ihnen wiegt unter 100 Kilo – retteten sie am Sonnabend den Teufeln den knappen 17:14-Sieg im Derby gegen die Kiel Hurricanes und bewahrheiteten eine alte Football-Weisheit: Der Angriff gewinnt das Publikum, die Verteidigung gewinnt die Spiele.
Dabei hatte es zu Beginn der Partie noch ganz anders ausgesehen. Da bewies Gäste-Quarterback Tyler Grovesteen, warum er als bester Ballverteiler der Liga eingeschätzt wird. Nicht nur, dass sein Passpiel präzise war und, wenn seine Mitspieler das Ei etwas konzentrierter gefangen hätten, zu einigem Raumgewinn hätte führen können.
Vor allem, wenn der Amerikaner sich selbst zum Laufspiel entschloss, kam Gefahr auf. Allein im ersten Viertel erlief sich Grovesteen 49 Yards für die Statistik. Doch je eleganter der Quarterback seine Spielzüge ausführte, desto wütender wurden die Verteidigungsbemühungen der Devils und desto weniger Platz bekam Grovesteen. Bis die Defense den ehemaligen Leichtathleten in den Griff bekam und damit den ersten Erfolg in dieser Saison sicherte.
Devils-Präsident Axel Gernert war denn nach Spielschluss sichtlich erleichtert und konnte Sätze sagen wie: „Heute war der Sieg wichtig und nicht die Schönheit.“ Oder: „Man muss gerade solche Spiele gewinnen, das zeigt die ganze Sporthistorie.“ Womit er zwar recht hat, aber muss dann wirklich die komplette Geschichte als Leumund herhalten?
Headcoach Lee Rowland sah es eher von der taktischen Seite. Auch er hatte gesehen, dass es am Anfang nicht so lief und sich später die Defense immer mehr in den Mittelpunkt spielte. Sein persönlicher Sieger war jedoch der Kicker Andreas Lefevre. Dessen Fieldgoal aus 37 Yards gegen Ende des zweiten Viertels brachte genau die drei Punkte, die den Sieg bedeuteten.
So waren am Ende fast alle glücklich. Selbst die Kieler schienen nicht sonderlich enttäuscht. Der zum besten Spieler seines Teams gewählte Mike Reed konstatierte, dass es ihm Spaß gemacht habe, in Hamburg anzutreten. Einzig die Schiedsrichter bekamen ihr Fett weg. „Wir bewegen viel Geld und versuchen, die Stadien zu füllen“, erboste sich Moritz von Reventlow, der Chef der Hurricanes, „und die Unparteiischen sind einfach unprofessionell. Die sehen das Gleiche wie alle Anderen und pfeifen dann konsequent falsch.“
Eine Aussage, die Bernhard Rozic nicht kommentieren wollte.
Eberhard Spohd
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