: Uns Uwe geht in die Spitze
■ Uwe Seeler und sein „Team 2000“: Das Idol und die Wiederbelebung des HSV mit Hilfe und Geduld Von Clemens Gerlach
Endlich ist es heraus. Uwe Seeler wird im November auf der Jahreshauptversammlung des Hamburger Sportvereins für das Amt des Präsidenten kandidieren, obwohl ihn seine Familie deshalb „für verrückt“ erklärt. „Im Interesse des HSV und der gesamten Sache ist es unheimlich wichtig, daß Klarheit herrscht“, bestätigte der 58jährige gestern auf einer Pressekonferenz endlich offiziell, worüber schon seit Tagen spekuliert worden war.
Monatelang hatte sich der frühere HSV-Mittelstürmer geziert. Doch jetzt wollte Uns Uwe nicht mehr mit ansehen, wie sein Verein, in dem er seit 50 Jahren Mitglied ist, in der Bedeutungslosigkeit versinkt. Als alleinige Spitze will sich der designierte Vereinsobere aber nicht auf den „neuen Weg“ machen, der „lang und schwer“ sein wird. Er vertraut auf sein Team HSV 2000.
Als Vizepräsident soll dem HSV-Idol zwecks Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege der ehemalige Wirtschaftssenator Volker Lange zur Seite stehen. Der „persönliche Freund“ und Hotelier Jürgen Engel wird sich um Finanzen und Controlling kümmern, also den Schatzmeister mimen. Der „grauen Eminenz“ Harry Bähre obliegt der Amateursport-Bereich.
Im noch zu bildenden Aufsichtsrat sollen sich neben Ex-Innensenator Werner Hackmann oder Ex-Seeler-Teamkollege Jürgen Werner weitere „Persönlichkeiten“ tummeln. „Wir brauchen die Hilfe von außen und Geduld“, bekannte Seeler, damit der HSV wieder dort zu finden sei, „wo wir ihn alle gerne sehen.“ Deshalb lassen sich auch die ehemaligen HSV-Profis Holger Hieronymus und Bernd Wehmeyer in die Pflicht nehmen. Sie sollen sich im sportlichen Management versuchen.
Doch bislang existiert die Seelersche Einheitsfront aus Wirtschaft und Politik nur auf dem Papier. Damit das neue Führungsmodell auch vereinsrechtlich verankert werden kann, fordert Seeler die Zustimmung der Vereinsmitglieder zur Satzungsänderung – sonst kandidiert er nicht. „Der Bundesligafußball braucht professionelle Firmenstrukturen“, hat der Kaufmann in Sachen Sportartikel gelernt.
Dieser Umgestaltung dürfte der jetzige Vorstand nicht im Wege stehen. Präsident Ronald Wulff ist um einen guten Abgang bemüht. Auch Vize Hans Schümann und Manager Gerhard Flomm, beide bis 1996 gewählt, werden sich nicht ernsthaft der Euphoriewoge entgegenstellen wollen. Bill Ramsey wußte es ja schon in den 60ern: „Gib doch den Ball zu Uwe Seeler, dann machst du niemals einen Fehler.“
Jetzt muß Uwe ihn nur noch reinmachen.
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