Unruhen verschärfen sich: Dutzende Tote in Kirgistan
Plünderungen, knappe Nahrungsmittel, mehr als 1000 Verletzte: Die Unruhen in dem zentralasiatischen Land Kirgistan weiten sich aus. Erneut wurden Gebäude in Brand gesetzt.
OSCH/ MOSKAU dpa | Wegen der andauernden Unruhen im Süden von Kirgistan gerät die Lage in dem zentralasiatischen Land zunehmend außer Kontrolle. Trotz Ausgangssperre setzten vermummte Jugendliche in der Stadt Osch auch am Sonntag erneut Gebäude in Brand. Die Lage nach den neuen gewaltsamen ethnischen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und Usbeken war weiter unübersichtlich, wie kirgisische Medien meldeten. Der Konflikt hatte sich zuletzt auch auf Dschalal-Abad und andere Orte ausgeweitet.
Seit Donnerstag kamen bei den Straßenschlachten nach offiziellen Angaben mehr als 80 Menschen ums Leben. Mehr als 1000 weitere wurden verletzt. Das Hochgebirgsland an der Grenze zu China kommt seit dem Sturz des autoritären Präsidenten Kurmanbek Bakijew Anfang April nicht zur Ruhe.
Das Militär errichtete nach Verhängung des Ausnahmezustandes in Osch und Dschalal-Abad zahlreiche Posten mit Soldaten. Tausende usbekische Flüchtlinge versuchten, die Grenze zu ihrem benachbarten Heimatland zu überqueren. Die kirgisische Übergangsregierung bat Russland erneut um militärischen Beistand und Ausrüstung, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Moskau hatte dies am Samstag zunächst abgelehnt.
Die Behörden begannen damit, Verletzte aus der Region auszufliegen. Auch in Moskau landete ein Rettungsflugzeug mit Schwerverletzten aus Osch. Beobachter sprachen von einer "humanitären Katastrophe" und Zuständen wie im Krieg. Es drohe eine Hungerkatastrophe. Geschäfte seien geplündert und das Gas abgeschaltet worden.
Beobachter machen Anhänger des gestürzten Präsidenten Bakijew für das Blutvergießen verantwortlich. Die Unruhe-Region ist die Heimat von Bakijew, der nach einem Volksaufstand mit vielen Toten in Weißrussland Asyl erhalten hatte.
Bakijew warf der Übergangsregierung Unfähigkeit vor. "Heute steht die kirgisische Republik am Rande ihres Zusammenbruchs. Es sterben Menschen, und niemand von den derzeitigen Machthabern ist in der Lage, ihr Leben zu schützen", sagte Bakijew am Sonntag nach Angaben der Agentur Interfax.
Zugleich wies der Ex-Präsident Vorwürfe der Interimsführung zurück, er und sein Clan hätten die ethnischen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und Usbeken entfacht. "Das ist eine Lüge", sagte Bakijew in Minsk.
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