Unruhen in Nigeria: Morden für den Gottesstaat
Bei islamistischen Anschlägen im Nordosten Nigerias kamen über 110 Menschen ums Leben. Allein bei der Explosion zweier Autobomben starben in Maidiguri über 52 Menschen.
ABUJA dpa/ap | Bei schweren Anschlägen von Islamisten im westafrikanischen Nigeria sind allein am vergangenen Wochenende über 110 Menschen ums Leben gekommen. Die folgenreichsten Angriffe hatten sich am Samstag in der Stadt Maiduguri ereignet, als in kurzer Folge zwei Autobomben explodierten und 52 Menschen in den Tod rissen.
Die Mitarbeiter des Roten Kreuzes erklärten, weitere Tote könnten unter den Trümmern liegen. Unter den Opfern seien auch Kinder, die zu einer Hochzeitsgesellschaft gehörten, sowie Fußballfans, die sich ein Spiel auf einer Leinwand auf der Straße ansahen.
Augenzeugen berichteten, einer der mutmaßlichen Täter sei gefasst und geschlagen worden. Er starb nach Angaben eines Wachmanns später im Krankenhaus.
Die Anschläge vom Samstag waren die ersten seit Monaten in Maiduguri, wo auch das Militär sein Hauptquartier hat. Augenzeugen berichteten von erschütternden Szenen. „Körperteile liegen auf der Straße“, sagte ein Straßenhändler der Nachrichtenagentur AP am Telefon.
Die beiden Explosionen ereigneten sich im Abstand von rund zwei Minuten, wie ein Mechaniker berichtete. Überall sei schwarzer Rauch aufgestiegen, sagte er.
Boko Haram will einen Gottesstaat errichten
Seit Jahresbeginn habe die für die Bluttaten verantwortliche Sekte Boko Haram rund 660 Menschen getötet, teilte die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GfbV) am Montag mit.
Sie warf den nigerianischen Behörden vor, im Kampf gegen die Gruppe zu versagen: „Statt die Zivilbevölkerung wirksam vor dem Terror zu schützen, sterben jede Woche mehr Zivilisten“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius.
Auch die Verhängung des Ausnahmezustandes über drei Bundesstaaten im vergangenen Jahr habe die Zivilbevölkerung nicht vor der Gewalt schützen können, hieß es. Die Boko Haram kämpft für einen Gottesstaat auf Grundlage der Scharia im muslimisch geprägten Norden Nigerias.
Zwar falle es der Sekte heute schwerer, in den Städten zu operieren, "doch die ländlichen Gebiete und viele Straßenverbindungen sind nicht sicher", erklärte Delius. Zudem sei am vergangenen Freitagabend versehentlich ein Dorf von der Luftwaffe bombardiert worden, weil die Armee es für ein Ausbildungslager der Islamisten gehalten hatte. Bei dem Angriff starben 20 Menschen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken