Unruhen im Westen Chinas: „Wütende Meute“ will Freiheit
Bei Ausschreitungen in der Provinz Xinjiang sterben mindestens 27 Menschen. Uiguren sollen Polizeistation, Rathaus und eine Baustelle angegriffen haben.
PEKING taz | Schwerbewaffnete Militärs patrouillieren seit Wochen durch die Straßen der Städte in der Unruheprovinz Xinjiang im Nordwesten Chinas. Denn in wenigen Tagen, am 5. Juli, jährt sich zum vierten Mal der blutige Aufstand der Uiguren gegen die Chinesen, die sie als Besatzer ansehen.
Genützt haben diese Patrouillen nicht. Am Mittwoch ist es in der uigurisch dominierten Stadt Lukqun in der Nähe der Oasenstadt Turpan zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen. Mindestens 27 Menschen kamen nach Angaben der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua ums Leben.
Xinhua berichtet, dass am Mittwochmorgen eine „wütende Meute“ von Uiguren die örtliche Polizeistation, das Rathaus und eine Baustelle angegriffen hätten. Als nach mehreren Aufforderungen die Menschenmasse nicht weichen wollte, eröffneten die chinesischen Polizisten das Feuer.
Zehn der „Unruhestifter“ seien erschossen worden, nachdem 17 Menschen bei dem Angriff ums Leben kamen. Unter den Toten befanden sich auch neun Polizisten. Über die Zahl der Verwundeten gab es keine Angaben. Den chinesischen Sicherheitskräften gelang es, drei der Angreifer festzunehmen, nach weiteren fahnden sie nun. Fotos im Internet zeigen verbrannte Polizeifahrzeuge und Schwerverletzte sowohl unter Uiguren als auch unter den chinesischen Sicherheitskräften.
Das Bauvorhaben als Anlass?
Über die genauen Gründe des angeblichen Angriffs machte Xinhua keine Angaben. Ob die Unruhen im Zusammenhang mit einer erst am Donnerstag bekannt gewordenen Explosion mit 12 toten Uiguren stehen, bleibt ungeklärt. Experten in Peking gehen davon aus, dass der Anlass des Protestes ein Bauvorhaben war. In der gesamten Volksrepublik werden immer wieder ganze Stadtviertel abgerissen, um Platz für neue Bauten zu machen.
Proteste in Xinjiang erhalten zusätzlich eine ethnische Komponente, kommt es in der Provinz doch regelmäßig zu blutigen Konflikten zwischen Angehörigen der turksprachigen, muslimischen Minderheit der Uiguren und den zugewanderten Han-Chinesen, die inzwischen die Mehrheit ausmachen.
Der Weltkongress der Uiguren mit Sitz in München, verurteilte den Einsatz der chinesischen Polizei von Schusswaffen und forderte eine unabhängige Untersuchung der Auseinandersetzungen. Sie kritisiert, dass in der Region derzeit Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, um die Wahrheit zu unterdrücken. Der Sprecher der Exilorganisation, Dilxar Rexit, gab der „anhaltenden Unterdrückung“ die Schuld an der Gewalt.
In Xinjiang kommt es seit vielen Jahren immer wieder zu schweren Unruhen, zuletzt am 5. Juli 2009 in der Provinzhauptstadt Urumqi. Rund 200 Menschen kamen bei mehrtägigen Zusammenstößen damals ums Leben, nachdem zunächst Uiguren chinesische Sicherheitskräfte angegriffen hatten, diese jedoch mit aller Härte zurückschlugen.
Mehr Respekt und Achtung
Am 24. April kam es in der Stadt Korla zu schweren Zusammenstößen mit ebenfalls mehr als 20 Toten, nachdem chinesische Polizisten einen jungen Uiguren verhaften wollten.
Nicht alle Uiguren wünschen sich die Unabhängigkeit von der Volksrepublik. Doch eine große Mehrheit wünscht sich mehr politische Freiheit und von den chinesischen Zuwanderern Respekt und Achtung in der Ausübung ihrer Religion und Kultur.
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