piwik no script img

Unruhen auf MadagaskarKampf um Ministergebäude

Die Opposition um den Bürgermeister der Hauptstadt Antanarivo scheitert erneut mit spektakulärem Versuch der Machtergreifung.

Proteste in der Hauptstadt von Madagaskar. Bild: dpa

NAIROBI taz Mehrere Wochen nach ihrem Beginn nehmen die Unruhen auf Madagaskar groteske Züge an. Am Donnerstagabend kurz nach Sonnenuntergang zogen gut 30.000 Anhänger des 34-jährigen Exbürgermeisters der Hauptstadt Antanarivo und selbst ernannten madegassischen Präsidenten Andry Rajoelina in einem Protestzug zu vier Ministeriumsgebäuden. Mit Einbruchswerkzeug und einem Gerichtsvollzieher zogen Rajoelinas "Minister" in die Gebäude ein, tauschten die Präsidentenporträts an den Wänden aus und warteten auf eine Reaktion. Die kam prompt: Am frühen Morgen räumte die Armee alle vier Häuser und nahm 50 Oppositionelle fest. Berichte über acht Tote blieben unbestätigt. Wenn Rajoelina vorhatte, Präsident Marc Ravalomanana erneut als autoritären Diktator vorzuführen, ist ihm das mit dieser Aktion gelungen.

Der Bevölkerung geht das Chaos längst zu weit. "Ich verstehe überhaupt nichts mehr", sagt eine Beamtin, Hanitra Rakotomanga. "Gestern sagte Rajoelina, er hat die Kontrolle übernommen, heute sagt Ravalomananas Innenminister, wir sollen zurück zur Arbeit kommen. Aber die Polizei lässt uns nicht durch." Nicht nur in der Hauptstadt, auch anderswo in der verarmten Inselrepublik kämpfen Polizei und Armee mit Oppositionellen. Schwere Unruhen wurden aus der Hafenstadt Tamatave und aus dem südlichen Hochland gemeldet.

Während Madagaskars Innenminister in einer Fernseherklärung versichert hat, die Regierung habe die Lage wieder unter Kontrolle, scheint niemand zu einer gütlichen Einigung bereit. Ravalomanana ließ seine Regierungspartei erklären, man lasse sich nicht zu einer Koalitionsregierung drängen. Doch der Druck wächst: Während Touristenflüge gestrichen werden und ausländische Firmen Investitionen stoppen, reißt auch Diplomaten der Geduldsfaden. In einem Schreiben an Ravalomanana rief EU-Botschafter Jean-Claude Boidin den Präsidenten zu einer "Geste als Antwort auf die gefühlte Malaise" auf. Nichts geschah.

Die Angst vor einem Putsch wächst, die Gerüchteküche brodelt. In einem Schreiben an Präsident Ravalomanana sollen hochrangige Offiziere eine Übergangsregierung gefordert haben. Bei einem Treffen im Präsidentenpalast am Montag sollen sich mehrere Generäle sogar offen für Ravalomananas Rückzug ausgesprochen haben. Und eine zweite Gruppe um Kommandeur Edmond Rasolomahandry geht noch weiter: Der Kommandeur soll selbst bereit sein, den Premierministerposten zu übernehmen, um die Ordnung im Land wiederherzustellen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!