piwik no script img

Unruhe wg. taz

■ Warum die taz so über die Spitzelfrau berichtete

Der taz-Bericht über eine Undercover-Agentin in „Rote-Flora- Strukturen“ hat nicht nur für heftigen Wirbel gesorgt, sondern auch massive Kritik an der taz hervorgerufen (siehe Dokumentation). Die taz hatte am Freitag unter Berufung auf Polizeikreise berichtet, daß eine junge Polizistin im Frühjahr in einer Wohngemeinschaft im Schanzenviertel Quartier bezogen hatte und seither Spitzeldienste für den Staatsschutz versieht.

Der taz war vor der Veröffentlichung bewußt, daß dieser Bericht bei den Betroffenen Verunsicherung (Spitzelhysterie) auslösen kann. Dennoch meinen wir, im journalistischen Sinne richtig gehandelt zu haben. Denn als Zeitung sind wir vorrangig verpflichtet, unsere Leserschaft über politische Entwicklungen wie Spitzelskandale zu informieren. Ferner sind wir verpflichtet, unsere Informanten — auch Polizisten — zu schützen. Auch die linke autonome Szene hat des öfteren schon von taz-Berichten profitiert, zum Beispiel über die Polizei-Einsatzpläne der Flora- Parkräumung.

Die taz mußte es akzeptieren, daß es die Intention unserer Informanten war, aufzudecken, daß ein Polizeispitzel an der Flora tätig ist und daß dieser abgezogen wird. Nicht aber, daß sie — es handelt sich immerhin aus ihrer Sicht um eine Kollegin — via taz direkt der Roten Flora „ans Messer“ geliefert wird.

Wenn die Rote Flora fordert, die taz habe sie vor einer Veröffentlichung nicht nur zu informieren — was geschah — sondern auch eine Zustimmung einzuholen, ist das eine absurde Vorstellung. Damit wären journalistische Prinzipien restlos über Bord geworfen worden.

Zudem hätte sich am Problem wohl wenig geändert. Die Spitzelhysterie hätte dann auf Gerüchteebene begonnen. Die Alternative wäre gewesen, solange nicht Namen und Wohnort der Agentin veröffentlicht werden können, nichts über den Spitzeleinsatz zu berichten. Eine andere Möglichkeit hat die taz zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht gesehen.

Da die Problematik allerorten heftige Diskussionen ausgelöst hat, wären wir über Leserbriefe erfreut. Gegebenenfalls werden diese dann auf einer Debattenseite dokumentiert, wobei wir uns Kürzungen vorbehalten taz hamburg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen