Unregelmäßigkeiten im Botschaftsdienst: Visa-Affäre, die zweite

Mitarbeiter verschiedener deutscher Botschaften sollen unrechtmäßig Visa ausgestellt und dafür Geld genommen haben. Eine Wiederauflage der Affäre von 2004.

Im Gedächtnis geblieben: der damalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne) vor dem Untersuchungsausschuss zur Visa-Affäre 2004. Bild: dpa

Das Auswärtige Amt könnte vor einer neuen Visa-Affäre stehen. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter verschiedener deutscher Botschaften, die unrechtmäßige Einreisevisa ausgestellt und dafür Bestechungsgelder kassiert haben sollen. Laut Informationen des Spiegels sollen mehrere Botschaftsmitarbeiter bereits fristlos entlassen worden sein. Der Verdacht richtet sich nicht gegen entsandte Diplomaten, sondern gegen Ortskräfte, die von den Botschaften in den jeweiligen Ländern eingestellt wurden.

Betroffen sind deutsche Vertretungen in Afrika, Südamerika und Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Die Beschuldigten sollen in den vergangenen zwei Jahren systematisch Visa für die Einreise nach Deutschland erteilt haben, die auf falschen Angaben basierten. Die Antragsteller sollen neben den normalen Gebühren pro Visum mehrere hundert Euro in bar gezahlt haben. Einige der Ausländerinnen, die so nach Deutschland gekommen sind, sollen in Hamburger Bordellen gelandet sein.

Nach Informationen des Spiegels gehen die Ermittler davon aus, dass die Auftraggeber für die Schleusungen in Deutschland sitzen. Ermittelt wird wegen des Verdachts der bandenmäßigen Schleusungen und Bestechlichkeit. Der Sprecher der Berliner Generalstaatsanwaltschaft, Martin Steltner, bestätigte laut Spiegel den Vorgang.

Das Auswärtige wollte am Sonntag die Informationen des Spiegels weder bestätigen noch dementieren. "Wichtig ist, dass in Einzelfällen dem Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei der Visavergabe nachgegangen wurde", sagte eine Sprecherin der taz. "Das Auswärtige Amt arbeitet dabei eng mit der Bundespolizei und der Staatsanwaltschaft Berlin zusammen."

2004 war im Rahmen eines Schleuserprozesses eine ähnliche Praxis aufgeflogen: Im Zentrum stand damals die deutsche Botschaft in der Ukraine, die mehrere tausend erschlichene Visa erteilt hatte. Die Visa-Affäre brachte den damaligen Außenminister Joschka Fischer und seinen Staatssekretär Ludger Volmer (beide Grüne) unter Druck, da das Ministerium zuvor angewiesen hatte, bei der Visa-Prüfung im Zweifel zu Gunsten der Reisefreiheit zu entscheiden.

Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl forderte am Sonntag ein härteres Vorgehen gegen Visa-Missbrauch und verlangte erneut eine Visa-Warndatei. Der grüne Abgeordnete Mehmet Kilic dagegen will eine Untersuchung der Vorwürfe im Bundestag. (mit dpa)

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