■ Die unmoralische Iranpolitik Bonns ist gescheitert: Unkritischer Dialog
Trotz aller Bemühungen: Es ist nicht die CIA, die den „kritischen Dialog“ mit dem Mullah-Regime im Iran zu Fall bringt. Das wird wohl den Ermittlungsrichtern am Bundesgerichtshof vorbehalten bleiben. Der Haftbefehl gegen Irans Geheimdienstminister Ali Fallahian, der jetzt der taz vorliegt, läßt selbst dem Bundesaußenminister keinen Spielraum mehr.
Der begründete Verdacht des Staatsterrorismus, den die Ermittlungsrichter darin aussprechen, macht die für kommende Woche geplante Teheranreise der EU-Troika obsolet. Es wäre besser, sie würde abgesagt und die EU erklärte endlich klipp und klar, daß der Iran zu jenen Ländern auf der Welt zu zählen ist, die den Terror gegen Andersdenkende nicht nur unterstützen, sondern seit Jahren die Liquidation von politischen Oppositionellen selbst organisieren.
Das Fatale an der Sache: Sowohl als Chef des BND wie als Außenminister wußte auch Klaus Kinkel um diese Tatsachen. Er hat sie ignoriert, wider besseres Wissen am Dialog mit dem Teheraner Regime festgehalten und damit der deutschen Außenpolitik Schaden zugefügt. Sein vermeintlich „kritischer Dialog“ hat nicht einmal bewirkt, daß der iranische Geheimdienst seine Killerkommandos nicht auf deutschem Boden operieren läßt. Jenseits aller moralischen und politischen Schuld – schon aus bloßer Erfolgslosigkeit seiner Politik müßte Kinkel den Hut nehmen.
Auch für das vermeidbare Debakel der deutschen Außenpolitik auf der Nachfolgekonferenz des Anti- Terror-Gipfels vom Scharm al-Scheich, die gestern in Washington zu Ende ging, trägt niemand anderes als Klaus Kinkel die Verantwortung. Deutschland steht jetzt international als Schutzmacht eines Terrorstaates am Pranger.
Es war der mit dem Tode bedrohte Schriftsteller Salman Rushdie, der von Kinkel schon vor Jahren eine härtere Gangart gegenüber Teheran forderte. Aber warum sollte jemand einem verfolgten Schriftsteller sein Ohr leihen, der noch nicht einmal auf die CIA hört? Seit Erlaß des Haftbefehls gegen Fallahian vor zwei Wochen hat sich Kinkel taub und dumm gestellt. Damit aber wird er jetzt nicht mehr durchkommen. Wenn schon nicht der Bundeskanzler ihn zur Räson bringen kann oder will, dann dürfte das jetzt – mit mehr oder weniger Schadenfreude – die US-Regierung machen. Peinlich bleibt das Ganze sowieso. Wenn es um Menschenrechte und den Kampf gegen den Terrorismus geht, muß die Bundesregierung offensichtlich zum Jagen getragen werden. Georg Baltissen
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