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Unkontrollierte Kubaner

■ Neues zum 25jährigen Jubiläum der Kuba–Krise: Sowjets fehlte Kontrolle über kubanische Militärs / Die stürmten Sowjet–Basis und schossen US–Spionageflieger ab

Aus Washington Stefan Schaaf

Die Kennedy–Administration ist 1962, auf dem Höhepunkt der Kuba–Krise, fälschlich von der These ausgegangen, daß alle Militäreinrichtungen auf der Insel von der Sowjetunion kontrolliert würden und machte so bedeutende politische Fehler. Wie der Journalist und Pulitzer–Preisträger Seymour Hersh am Sonntag in der Washington Post schreibt, waren die Kubaner im Umgang mit ihrem Großen Bruder bisweilen recht eigenmächtig: Am 26. Oktober 1962, einen Tag vor dem Höhepunkt der Raketenkrise, griffen sie sogar eine sowjetische Boden– Luft–Raketenstellung an. Bei dem Scharmützel wurden drei Sowjetsoldaten getötet und 15 verletzt. Von dieser Attacke erfuhren US–Militärs erst mehrere Jahre später, als sie einen sowjetischen Funk– Code knackten und sich ihnen so die militärische Kommunikation auf der Insel während der Raketenkrise erschloß. Zwölf Stunden später wurde von dieser Basis aus ein US–Spionageflugzeug des Typs U–2 abgeschossen, ein Angriff, der zu dem Ultimatum Kennedys an die Adresse Chruschtschows führte. Falls weiter auf Aufklärungsflugzeuge geschossen würde, werde man in Washington den Befehl zum Angriff auf die Zuckerinsel geben. In Hershs Artikel wird der damalige Pentagonmitarbeiter Daniel Ellsberg mit den Worten zitiert: „Niemand weiß genau, wer den Finger am Abzug hatte, als die U–2 am Morgen nach dem Kampf abgeschossen wurde. Aber daß die Sowjets die militärische Kontrolle über die Basis verloren hatten, muß als sicher gelten. Nur wußte dies damals niemand auf der amerikanischen Seite.“ Doch es erklärt, warum Chruschtschow fast augenblicklich auf Kennedys Ultimatum eingegangen war. Ellsberg weiter: „Chruschtschow hatte keine Kontrolle“ über die kubanischen Militärs, „und deswegen gab er sofort nach“. FORTSETZUNG VON SEITE 1

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