: Unistreik in der Aufwärmphase
■ Protest gegen Hajens Streichkurs / Lüthje bittet um Aufschub
Tatsächlich: An der Uni wird wieder gestreikt. Pünktlich um 7 Uhr früh versperrten gestern 20 StudentInnen den Fahrstuhl des Philosophenturms und sorgten dafür, daß die 14 Etagen leer blieben. Auch bei den benachbarten Lehramts-Studenten versperrte ein quer durchs Foyer gehängtes Tranparent den Weg: „Stell Dir vor, die Bildung stirbt, und keiner merkt es“.
„Das war heute die Aufwärmphase“, sagt Asta-Referentin Sibylle Knapp. Eine Vollversammlung am Mittwoch soll das weitere Vorgehen klären. Bis dahin bekommen unwissende Studenten erstmal Zettel in die Hand, auf denen der Sparkurs des Wissenschaftssenators skizziert wird: Erhöhung der Vakanzrate auf 15 Prozent, Kürzung des Sachmitteletats um 25 Prozent, Streichung von 100 Professorenstellen und 1000 Studienplätzen noch in diesem Jahr, Wegfall von 10.000 Studienplätzen bis 1997.
Letztere Zahl ist von Studierenden hochgerechnet, nicht offiziell. Vergleicht man sie mit den von Finanzsenator Runde bekantgegebenen Sparquoten, scheint sie realistisch: Für 7,3 Millionen Mark soll die Uni 1995 Stellen streichen und damit 14 Prozent der Personalkürzung des Hamburger Haushalts erbringen. Die Quote gelte auch für die Jahre 1996 und 1997, ließ Runde verkünden. Setzt er dies auch im Personalhaushalt um, ergibt die Hajen in urlaubsbedingter Abwesenheit aufgedrückte Quote eine Einsparung von nochmals je 10,5 Millionen Mark. Dazu kommen Stellen, die der Uni fehlen, weil das vom Bund geförderte Hochschulsonderprogramm I ausläuft und weil Stellen für den wissenschaflichen Nachwuchs umgeschichtet werden müssen.
Den größten Batzen macht mit rund 250 Stellen die auch für 1995 vorgesehene Vakanzrate aus. Mindestens jede zweite freie Stelle wird wegfallen, schlußfogern aktive Studenten, die mit gespitzem Bleistift den Zahlensalat nachrechnen. Da kann die Androhung Leo Hajens, er werde jede Dritte streichen, wenn die Uni es nicht selbst tut, kaum noch schocken. Damit bereits zum Herbst die Zulassungszahlen gesenkt werden können, sollte die Uni die Sparopfer bis Mai melden. In einem Brief an den Senator erbittet der Uni-Präsident Aufschub. Begründung: Früher es es nicht zu schaffen. Kaija Kutter
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