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Union will Null–Lösung beerdigen

■ Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU–Fraktion, Willi Wimmer, fordert „zeitliche Kopplung“ von nuklearer und konventioneller Abrüstung / Niemand wisse, was Reagans Frau Nancy „für ihn formuliert hat“

Bonn (ap) - Vor dem Hintergrund möglicher Abrüstungserfolge im Mittelstreckenbereich wird in der Union offenbar der Abschied vom bisherigen NATO–Ziel einer Null–Lösung vorbereitet. Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU–Fraktion, Wimmer, forderte gestern eine „zeitliche Kopplung“ der Verhandlungen über nukleare und konventionelle Rüstung. Das Argument, damit könnten Abrüstungserfolge schwieriger werden, konterte er mit der konventionellen Überlegenheit des Warschauer Paktes: „Wir sind als Deutsche unserer Sicherheit verpflichtet und sonst keinem.“ Die Bundesregierung und die westliche Führungsmacht USA müßten sich fragen lassen, ob sie bei der Meßlatte der Hürde einer Überprüfung der Einhaltung von Abkommen im Mittelstreckenbereich bleiben wolle oder wegen eines „vordergründigen Erfolgs bereit sind, die Verifikation für ein Linsengericht zu opfern“. Niemand wisse, welche abrüstungspolitischen Vorgaben Reagan formuliert habe „und was seine Frau Nancy für ihn formuliert hat“. Für Bonn gelte jedoch, daß dort „Politik nicht durch Handanlegen an die Mütze ersetzt“ werde. Ähnlich wie in der Diskussion vor dem Doppelbeschluß der NATO 1979 warnte Wimmer vor einer Grauzone. Wenn die westlichen weitreichenden nuklearen Mittelstreckenwaffen (LRINF) in Europa dem Zweck dienten, das konventionelle Übergewicht des Warschauer Paktes auszubalancieren, stelle sich die Frage, ob eine „auf Jahre hinaus zu prognostizierende konventionelle Instabilität“ beim Verzicht auf Atomraketen nicht ein sicherheitspolitisch unerträgliches Gewicht bekomme. Würden „früh zu viele und vielleicht auch noch die falschen nuklearen Waffen reduziert“, läge der Schlüssel westeuropäischer Sicherheit ausschließlich in Moskau. Zur Unterstützung seiner Ausführungen berief sich Wimmer auf das Kommunique der Nuklearen Planungsgruppe (NPG) der Allianz vom Oktober 1981, in dem es heißt: „Auf der Grundlage von Gegenseitigkeit bleibt das Null– Niveau eine mögliche Lösung unter idealen Bedingungen.“ Die Bedingungen im nuklearen Bereich entsprächen derzeit jedoch nicht denen im konventionellen. In jedem Fall gelte es zu verhindern, daß nur die BRD in Reichweite sowjetischer Atomraketen bleibe. Der CDU–Politiker, der sich in Wien über Stand und Perspektiven der Truppenabbauverhandlungen (MBFR) sowie der neuen, vom NATO–Rat der Außenminister im Dezember vergangenen Jahres angebotenen Gespräche über konventionelle Rüstungskontrolle vom Atlantik bis zum Ural informiert hatte, erinnerte daran, daß bei MBFR schon 14 Jahre ohne Abschluß verhandelt werde.

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