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Union Berlin gegen St. PauliAchtung, kultig!

Im Pokalduell treffen die beiden als antikommerziell gelabelten Teams aufeinander. Am Ende siegen die Berliner mit 2:1 – und sind nun Geheimfavorit.

Gewonnen! Die beiden Unioner Rani Khedira und Grischa Promel jubeln nach dem Spiel Foto: reuters

Berlin taz | Wer ist an diesem Abend in Berlin eigentlich antikommerzieller, der FC St. Pauli oder der 1. FC Union Berlin? Das war offenbar eine der Fragen, die laut der Deutschen Presse Agentur im „Duell der Andersdenkenden“ am Dienstagabend im Pokalviertelfinale an der Alten Försterei in Köpenick geklärt werden sollten. Die Antwort muss lauten: Eigentlich keine von beiden Mannschaften.

Natürlich hört man von beiden Klubs keine Nullaussagen, dass Fußball unpolitisch sei. Und immerhin wird in der Alten Försterei, dem Union-Stadion, nicht auch noch das Eckenverhältnis von einem Sponsor präsentiert. Aber wer beim Profifußball mitmacht, muss sich zwangsweise am Kommerz beteiligen – umso dringender nach zwei existenzbedrohenden Pandemiejahren ohne prall gefüllte Stehtribünen. Und erst recht, wenn mit dem Halbfinaleinzug eine fette Prämie von 2 Millionen Euro winken.

Und so war das heiß erwartete Kult-Duell dann fußballerisch auch nur ein schnöder Pokalfight ohne viel Trara. Als wollten Union und St. Pauli das in beiden Klubs ohnehin ungeliebte Kult-Label auf dem Platz wegrumpeln.

Das gelang ganz gut: Das Niveau erinnerte an Zweitligaduelle zwischen den Mannschaften. Kultverdächtigen Fußball spielte jedenfalls niemand: Union musste kürzlich Max Kruse, den einzigen richtigen Star im ansonsten eher bodenständigen Fußballensemble, an den finanzstarken Plastikklub VfL Wolfsburg abgeben und kämpft sich seither eher so durch.

Und das immerhin im Aufstiegskampf der zweiten Liga befindliche St. Pauli trat als sportlicher Außenseiter und ganz ohne Offensivambitionen an. Passenderweise sorgten zwei Ausrutscher der St. Pauli-Defensive dafür, dass Union das Spiel gewinnen konnte.

Einsame Ukraine Fahne

Und mit Politik war trotz der beschissenen Weltlage auch nicht viel. Abgesehen von einer kurzen Schweigeminute vor Anpfiff nebst eher beliebiger Friedensbotschaft mit Kant-Zitat („Der Friede ist das Meisterwerk der Vernunft“) und einer einsamen Ukraine-Fahne auf der Waldseite sowie ein paar blau-gelben Luftballons im Gästebereich war nicht viel mit Politik.

Alles andere war ja auch schon belastend genug. Wunderschön aber war der bitterkalte Pokalabend dann natürlich trotzdem. Vor allem aus Unionsicht: 90 Minuten Gesang, Spiel nach Rückstand gedreht, Endstand 2:1. Umgerechnet in Bierduschen: zwei. Wat willste mehr?!

Union dürfte jetzt sogar so etwas wie ein Geheimfavorit auf den Pokaltitel sein – schließlich sind Bayern und Dortmund schon raus. Im Halbfinale stand Union zuletzt vor 21 Jahren – und zog dann sogar ins Finale gegen den großen FC Schalke ein.

Bleibt noch die Frage zu klären, welcher Verein denn nun an diesem Abend in Berlin der antikommerziellste war. Nun, eigentlich kann die Antwort darauf nur Hertha BSC lauten. Denn die verzichten durch ihren konsequenten sportlichen Misserfolg nicht nur auf Pokaleinnahmen, sondern haben auch noch als ambitionierter „Big City Club“ in den vergangenen Jahren sage und schreibe 375 Millionen Euro vom wohl schlechtesten Investor des Profifußballs, Lars Windhorst, verbrannt. Für soviel Antikapitalismus nimmt man doch gerne Abstiegsangst und Trainerwechsel in Kauf.

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1 Kommentar

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  • Welches Spiel haben die denn gesehen? Kampf um jeden Ball, 90 Minuten Kampf. Vielleicht mangelte es ein wenig an der Genauigkeit. Was wir UNIONER sehen wollen, ist Kampf, und das haben wir! EISERN UNION