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Unica Zürn und die »Art Brut«

■ Ein Vortrag von Günter Bose in der Galerie Petersen

In der Kunstszene war Unica Zürn lange nicht als eigenständige Autorin und Künstlerin bekannt. Eine Bedeutung schrieb man ihr als Frau von Hans Bellmer zu, mit dem sie seit Beginn der fünfziger Jahre in Berlin und Paris zusammenlebte. Lediglich im direkten künstlerischen Kontakt zu Henri Michaux, Max Ernst und Hans Arp konnte Zürn schon früh ihre Eigenart unter Beweis stellen. Dazu trug nicht wenig bei, daß alle diese Bezugspersonen wie Zürn im Medium des Texts und des Bildes arbeiteten.

Auch die drei Arbeiten, die jetzt in der Galerie Petersen zu sehen sind, erschließen sich erst in Korrespondenz mit den Texten. Diesen Zusammenhang wird der Vortrag des Verlegers Günter Bose erläutern, mit dem er auch auf die Biographie Zürns eingeht. Bose gibt seit nunmehr drei Jahren zusammen mit Erich Brinkmann und Sabine Scholl eine Gesamtausgabe der Werke Zürns heraus. Die besondere Wichtigkeit des Übergreifens der Prosa Zürns auf die zeichnerische Darstellung wird vor allem in dem Faksilime- Druck der Handschrift »Das Haus der Krankheiten« und die noch ausstehende Reproduktion des Zeichenheftes »Orakel und Spektakel« deutlich. Von hieraus ergibt sich auch die Parallele zu der von Dubuffet mit dem Begriff »Art Brut« gekennzeichneten Kunst von Außenseitern.

Zürns Besonderheit darin aber ist, daß sie den poetischen Ausdruck in keiner Weise zur Verarbeitung ihrer psychologischen Krisen instrumentalisiert. Die Bedrohung scheint sich in den Texten vielmehr immer deutlicher herauszustellen, sodaß am Schluß der Satz übrig bleibt: »Dieses Leben ist nicht mein Leben geworden«. tojos

Der Vortrag von Günter Bose ist heute um 20 Uhr in der Galerie Petersen, Goethestr. 73, 1-19 zu hören.

Am Freitag den 14. Dezember, spricht Andreas Selzer (vergleiche La Vie vom 16.11.) in einem Diavortrag über »Der Sendermann«.

Art Brut noch bis zum 15. Januar bei Petersen, Di-Fr 14-19, Sa 11-14 Uhr

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