Uni kämpft gegen Sparzwang: Senat zwischen zwei Fronten
Uni und Hochschule rufen zur Großdemo gegen Stellenabbau und Bildungskürzungen auf – während Bremen seinen Haushalt in Berlin verteidigen muss.
Eng wird’s heute ab 11 Uhr in der vorweihnachtlich zusatzmöblierten City, wenn Studierende, Uni- und HochschulmitarbeiterInnen, aber auch SchülerInnen und Lehrkräfte unter dem Motto „Bildung am Limit – es geht um mehr!“ demonstrieren. Etwas hochtrabend fordert der Aufruf einen „grundlegenden Wandel im Verständnis von Bildung“.
Eine Woche bevor die Bürgerschaft den Doppelhaushalt beschließt und nur einen Tag bevor der Stabilitätsrat über Bremens Konsolidierungsbemühungen befindet, ist damit aber vor allem eine bessere Finanzierung der Hochschulen gemeint – und vor allem die Rücknahme der Kürzungsbeschlüsse.
Die AnmelderInnen erwarten 3.000 TeilnehmerInnen. Realistisch: Allein an der jüngsten Uni-Vollversammlung hatten 2.000 Studierende teilgenommen und einmütig „zur friedlichen Teilnahme an der Großdemonstration“ aufgerufen. Auch wenn statt ursprünglich 80 nur noch 40 Planstellen von der Streichung bedroht sind – das entspricht über 60 MitarbeiterInnen – hat das die Nachwuchs-AkademikerInnen nicht beruhigt. Und auch in der Neustadt ist der Mobilisierungsgrad hoch: Die Hochschulleitung tüftelt infolge der Finanzpläne an einem „Strategieentwicklungsprozess“, kurz „Step 2020“. An dessen Ende soll laut Deutung des Hochschul-AStA die Einrichtung 40 Prozent weniger Studienplätze aufweisen, was schon „einer Teilschließung gleich käme“, so die Befürchtung.
Die Einschätzung, dass die Bremer Hochschulen trotz hervorragender Forschungs- und Ausbildungsleistungen stark unterfinanziert sind, teilt auch der Wissenschaftsrat. Die Chancen, dass sich durch die Demo etwas ändert, sind gleichwohl schlecht. Denn Bremen steht auch von anderer Seite unter Druck. Bereits in seiner Frühjahrssitzung Ende Mai hatte der Stabilitätsrat den Senat zu größerer Haushaltsdisziplin aufgefordert. Donnerstag tritt er wieder zusammen – und Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) wird dann genügend Mühe haben, zu erklären, warum das Bund-Länder Finanz-Aufsichtsgremium die teilweise Rücknahme von Kürzungen und die landesweit 90 zusätzlichen LehrerInnen-Stellen nicht als Affront verstehen soll. Zumal ja die von Die Linke und LehrerInnengewerkschaft GEW vorgetragene Diagnose einer generellen Unterfinanzierung des Bildunssystems vom Benchmarking nicht gedeckt ist.
So behauptet GEW-Landesvorstand Christian Gloede zwar, dass „Bremer Schulen schon jetzt an einer Schüler-Lehrer-Relation, die weit hinter den anderen Stadtstaaten zurückbleibt“ litten. Als Quelle ihrer Darstellung nennt die GEW aber eine Studie von 2010 – die Werte aus dem Jahr 2007 verarbeitet, als tatsächlich jede Bremer Lehrkraft durchschnittlich zwei SchülerInnen mehr als eine in Berlin betreuen musste. Mittlerweile beträgt die Differenz an den allgemeinbildenden Schulen gerade einmal 0,4 SchülerInnen. Im Grundschulbereich hat Bremen die Hauptstadt überholt, in den Gesamtschulen ist die Personaldecke dichter als die von Hamburg. Nur bei berufsbildenden Schulen und in Gymnasien, sonst nicht so die Lieblingsschule von Linkspartei und GEW, liegt Bremen weit zurück.
Entsprechend unfroh ist man im Senat über den pauschalen Vorwurf: Schon am Montag war eine mit Schaufeln bewaffnete Schar von Schülern und Eltern aus Bremerhaven angereist und gen Rathaus gezogen – um zu signalisieren, dass sie zehn zusätzliche LehrerInnen für die Stadt für zu wenig halte. Jens Böhrnsen (SPD) hatte dagegen darauf gepocht, damit sei sein Versprechen, im Bildungsbereich eine Schippe draufzulegen, erfüllt. „Ich habe nicht gesagt, dass ich mit dem Schaufelbagger anrücke“, betonte er.
Wenn der Demo-Zug die Behörde erreicht, wird Staatsrat Gerd-Rüdiger Kück ihn im Empfang nehmen. Bildungssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) ist auf dem Weg zur Kultusministerkonferenz, die in Berlin tagt. Gleichwohl erinnert sie angesichts der Proteste daran, dass „der Senat in schwieriger Haushaltslage 7,5 Millionen Euro zusätzliche Mittel für die Bildung beschlossen“ habe. Das sei eine Menge. „Ich habe Verständnis dafür, dass man sich für bessere Bildung und bessere Arbeitsbedingungen engagiert“, sagte sie. „Dennoch sollten die Forderungen im Bereich des Realistischen liegen.“
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