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Archiv-Artikel

Uni-Ranking Bremer VWLer veröffentlichen, was das Zeug hält

Wissenschaft oder Schreibwut

Von eib

Der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel ist zufrieden. „Wahnsinnig gefreut“ habe er sich über das jüngste Uni-Ranking des Gütersloher Centrums für Hochschulforschung (CHE). Danach sind die Bremer Volkswirtschaftler Top in Sachen Forschungstätigkeit. Nur an den Unis Potsdam und Würzburg wurde zwischen 1998 und 2000 mehr publiziert. Abgeschlagen dagegen Bonn, Konstanz und München, ausgerechnet die Unis, die von Volkswirtschaftsprofessoren empfohlen werden, wenn sie gefragt werden, wo sie ihre eigenen Kinder hinschicken würden.

Hickel: „Zum Ärger der ganzen Republik haben wir bei dem Ranking gut abgeschnitten.“ Aber nicht nur die Kollegen in Bonn müssten jetzt einsehen, dass die Bremer Volkswirtschaft mehr ist als eine rote Kaderschmiede – sondern ein Ort, an dem richtige Wissenschaftler arbeiten, die publizieren, was das Zeug hält. „Das ist ein heroischer Beweis unserer Qualität“, sagt Hickel. Und: „Das Ranking lässt sich auch inneruniversitär nutzen.“ Jetzt sei nämlich auch den jungen Kollegen im Fachbereich der Wind aus den Segeln genommen. „Die werfen uns ja immer vor, wir seien zu politisch“, sagt Hickel. Zu gerne wüsste der auch als notorischer taz-Leserbriefschreiber bekannte Volkswirtschaftler jetzt noch, wer von den Bremer VWL-Professoren am allermeisten produziert hat. Doch da muss ihn die Projektleiterin des CHE enttäuschen. „Eine interne Rangliste gibt es nicht“, sagt Sonja Berghoff. Nur soviel verrät sie: Rudolf Hickel führt die Liste der VielschreiberInnen nicht an. Seine Kollegen Winfried Schmähl und Wolfram Elsner hätten sogar noch mehr veröffentlicht.

Doch den Bremern wird ihr Erfolg nicht gegönnt. Prompt kam die Kritik des Konstanzer Ökonomie-Professor Heinrich Ursprung. Auf seiner Homepage geißelt er das Ranking als „hochschulpolitisch gefährlich“. Die Bremer Volkswirtschaft sei nur deshalb so weit oben geführt, weil das CHE auch die so genannte graue Literatur gezählt hätte, beispielsweise Diskussionspapiere. Ursprung: „Die schreiben schon viel in Bremen“ – aber eben nicht immer in international renommierten Zeitschriften. In Rankings, die nur diese Beiträge berücksichtigen, würde Bremen gar nicht mehr auf den Listen auftauchen, so niedrig sei der Output. „Ich habe aber nichts gegen die Bremer, im Gegenteil“, sagt Ursprung. Seine Kritik richte sich alleine gegen die Methode des CHE.

Die CHE-Projektleiterin Berghoff weist ausdrücklich darauf hin, dass eben nicht jeder veröffentlichte Text – etwaHickels Meinung zum Irak-Krieg – gezählt wurde, sondern ausschließlich Beiträge in Fachzeitschriften. Berghoff: „Und wenn jemand wie Schmähl über das deutsche Rentensystem forscht, dann wird das eher in deutschen als in internationalen Zeitschriften veröffentlicht.“

Unter dem Strich bleibt es also dabei: Die Bremer Volkswirtschaftler sind alles andere als schreibfaul. Was seine Kollegen motiviere, darüber könne er nur spekulieren, sagt Hickel. Aber für seine eigene Schreibwut hat er eine Erklärung: „Ich schreib halt gerne.“ Und: „Das ist eine der wichtigsten Entfaltungsmöglichkeiten.“ Der nächste Leserbrief kommt bestimmt. eib