: Uni-Ost Oase statt Beton
■ Naturschützer: Wenn Siemens hier baut, ist alles hin
In der Sonne glitzern die hellen Büschel der Ackerdistel. Der Teichrohrsänger piept im Schilf. Rote Hagebutten leuchten im Dickicht und eine Libelle zischt vorbei. Eine Oase der Artenvielfalt in Bremen - das Brachland Uni-Ost. Gestern bot der BUND dort einen Spaziergang an: Denn schon zum Ende der Wachstumsperiode könnten die Bagger kommen und das Gelände für den geplanten Siemens- Neubau plattmachen. „Ich gehe mit, weil es vielleicht das letzte Mal ist“, betont ein Teilnehmer.
Bereits 1987 hatte die Wirtschafts-Förderungs-Gesellschaft (WFG) des Landes Bremen Siemens die Zusage gegeben, im Technologiepark an der Uni bauen zu dürfen. Seitdem ist um das geplante 70-Millionen-Projekt ein Planungs-Hickhack ausgebrochen. (zuletzt taz v. 31.8.). Zwischenzeitlich bot die Wirtschaftsbehörde Siemens einen Standort in Horn-Lehe an. Doch auf dem eventuellen Baugebiet stehen die Radio-Bremen-Sendemasten. Ende August entschied der Wirtschaftssenator, daß Siemens nun doch an die Uni kann. „Zur Veröffentlichung nicht geeignet“ stand als Vermerk auf der entsprechenden Vorlage.
Seit einigen Wochen gesellt sich die „Brachial-Bürgerinitiative“ zur Natur der Uni-Wildnis. Sie hat neben einigen Wohnzelten auch ein Info-Zelt aufgestellt. Etwa 25 Leute versuchen, die Öffentlichkeit durch Plakate und zusätzliche Aktionen auf die Bedrohung für die dortige Naturvielfalt aufmerksam zu machen. Mitten im Grünen stehen Plakate:
„Auch dieser unersetzliche Lebensraum für Mensch und Natur soll restlos zerstört werden.“
Uta Falkenhagen (BUND-Arbeitskreis Stadtökologie) führt ökologisch interessierte Spaziergänger über das Gelände. „Wenn das Land über Jahrzehnte so liegenbleiben würde, würde es sich wieder zum Wald entwickeln“, sagt sie und zeigt den SpaziergängerInnen die nachwachsenden kräftigen Eichen, Pappeln und Weiden.
Beim Bau der Universität war in den 70er Jahren der Moormarsch-Boden abgetragen und auf das Brachgelände aufgeschüttet worden. So kommt es zu den groben Strukturen mit kleinen Hügeln, wo Kinder aus Horn-Lehe mit ihren Mountainbikes durch Modder brettern. An einer Stelle ist das Schilf niedergetreten. „Das macht nichts, diese Flächen vertragen eine Nutzung“, beteuert Naturschützerin Falkenhagen. Die Kinder brauchen solche Erlebnisräume, wo sie eine Beziehung zur Natur entwickeln können. Ob die Fläche denn nicht auch für Kinder gefährlich sei, fragt besorgt ein mitspazierender Mann mit Blick auf die Gräben. Falkenhagen: „Nein, Autoverkehr ist viel gefährlicher.“
Der Spaziergang öffnet den Blick für das Leben im Fleet: Wasserschnecken, Larven, Käfer sitzen unter dem Pfeilkraut. „Kinder wundern sich, wenn man ihnen im Fangnetz zeigt, was da alles drin ist,“ sagt Falkenhagen. Auf ihrem Fahrrad klebt ein Sticker: Artenvielfalt ist Lebensqualität. Vivianne Agena / Foto: J.O.
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