Unglück in Haiti: Tödlicher Treibstoff

Bei der Explosion eines Tanklasters kommen mindestens 75 Menschen ums Leben. Die hohe Opferzahl hat auch mit der Knappheit an Benzin zu tun.

Menschen stehen inmitten zerstörter Häuser

Komplette Zerstörung:Cap-Hatien nach der Explosion eines Tanklasters am Dienstag Foto: ap

PORT-AU-PRINCE afp/ap | Bei der Explosion eines Tanklastwagens in Haiti sind mindestens 75 Menschen ums Leben gekommen und 48 weitere verletzt worden. Nach Angaben von Vize-Bürgermeister Almonor, stellvertretender Bürgermeister der Hafenstadt Cap-Haïtien, seien viele Menschen „bei lebendigem Leibe“ verbrannt und es sei nicht mehr möglich, ihre Identität festzustellen.

Der Fahrer des Tanklasters verlor demnach am frühen Dienstagmorgen (Ortszeit) offenbar die Kontrolle, als er einem Motorradtaxi ausweichen wollte. Der Lastwagen sei umgekippt und Treibstoff auf die Straße gelaufen.

Trotz der Warnungen des Fahrers seien Einwohner zu dem Lastwagen geeilt, um den dringend benötigten Treibstoff aufzusammeln. Dann sei das Fahrzeug explodiert. Dabei seien auch rund 40 umliegende Häuser in Brand geraten, berichtete Almonor. Dort seien weitere Opfer zu befürchten.

Das Hauptkrankenhaus in Haitis zweitgrößter Stadt war völlig überfordert mit der Behandlung der vielen Verletzten, von denen viele in Lebensgefahr schwebten. „Wir haben nicht die Mittel, um die vielen Menschen mit schweren Verbrennungen zu versorgen“, sagte eine Krankenschwester der Uniklinik Justinien der Nachrichtenagentur AFP. „Ich befürchte, wir werden nicht alle retten können.“ Regierungschef Henry kündigte die rasche Entsendung von Feldlazaretten an. Gleichzeitig ordnete er eine dreitägige landesweite Staatstrauer an.

Massive Treibstoffknappheit

Der arme Karibikstaat leidet unter massiver Treibstoffknappheit. Das liegt auch an den kriminellen Banden im Land: In den vergangenen Monaten haben sie ihre Macht in der Hauptstadt Port-au-Prince erheblich ausgeweitet und kontrollieren inzwischen die Straßen, die zu den drei Ölterminals des Landes führen. Über ein dutzend Treibstofftransporter wurden von den Banden entführt, die für die Freilassung der Fahrer hohe Lösegelder verlangten.

Haiti hat noch nie genügend Strom produziert, um den Bedarf der gesamten Bevölkerung zu decken. Selbst in den wohlhabenden Teilen der Hauptstadt liefert das staatliche Elektrizitätswerk höchstens ein paar Stunden Strom pro Tag. Diejenigen, die es sich leisten können, nutzen Generatoren – doch wegen des Treibstoffmangels funktionieren auch diese oftmals nicht.

Seit Oktober haben Telekommunikationsnetze und Medien ihre Aktivitäten im ganzen Land drastisch eingeschränkt, da sie keinen Treibstoff für ihre Generatoren auftreiben konnten, mit denen sie ihre Antennen mit Strom versorgen. Die Energiekrise behindert den Betrieb der wenigen Krankenhäuser im Land.

Die Krise wirkt sich inzwischen auch auf die Wasserversorgung aus, da sich viele Menschen ihr Wasser von privaten Unternehmen liefern lassen müssen. Erst am Montag hatte es Protestkundgebungen gegen die Erhöhung der Benzinpreise gegeben.

Haiti kommt nicht zur Ruhe: Das Land hat außer mit der Zunahme krimineller Banden immer noch mit den Folgen der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse im Juli und dem schweren Erdbeben im August zu kämpfen. Bei dem Beben im Südwesten des Landes wurden mehr als 130.000 Häuser zerstört, über 2200 Menschen kamen ums Leben.

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