piwik no script img

■ Geheimnisse deutscher und iranischer GeheimdienstlerUngeniert

Er hat also die spitzesten Spitzen der deutschen Geheimlandschaft erkundet. Wirklich spitze: Der Geheimdienstchef der iranischen Regierung, Ali Feliahani, plaudert kurz vor Beginn des Mykonos-Prozesses, bei dem es um die Ermordung von vier iranischen Oppositionellen in Berlin durch mutmaßliche iranische Geheimdienstagenten geht, mit dem Chef des BND, dem Chef des Verfassungsschutzes und dem Kanzlergeheimnis Schmidbauer.

In Oslo wird der norwegische Verleger der „Satanischen Verse“ angeschossen und schwer verletzt. In Teheran wird ein Mitarbeiter von MAN als Spion verhaftet. Der Mordbefehl gegen Rushdie wurde bekräftigt, und die Dollarmillion für den Mörder ist schon vor längerer Zeit erhöht worden. Als nämlich Rushdie deutsche Parlamentarier in Bonn besucht hatte.

Nach der Tagung der Sozialistischen Internationale vor einem Jahr haben Mitglieder der Hisbollah iranische Kurden in Berlin umgebracht. Es gibt wenig Zweifel, daß dies ein Mord im Auftrag Teherans war.

Und nun also diese freundschaftlichen ungenierten Geheimkontakte. Was haben deutsche Geheime mit den Geheimen anderer Staaten zu besprechen. Gemeinsame Sicherheit? Gemeinsam? Bis heute ist die islamische Republik eingeschworen auf die Grundphilosophie ihres Gründers Khomeini.

Und darum stellt der Iran heute die wohl größte Bedrohung für den Frieden zwischen der PLO und Israel dar. Wenn überhaupt, dann haben die PLO- Leute in Tunis und die Israelis in Tel Aviv Angst vor dem Spinnennetz des Terrors, das iranische Petrodollars in aller Welt mitfinanzieren. Der Iran gehört zu den mächtigen Staaten in der Welt, die ähnlich der früheren Sowjetunion Außenpolitik mit doppeltem Boden und doppelter Botschaft machen.

Botschafter für die Beglaubigungsurkunden und die Empfänge, Terroragenten für die Knallbotschaft an alle Welt: Wir werden einen Schriftsteller wie Rushdie auch dann umbringen, wenn er mit dem iranischen Staat gar nichts zu tun hat: Wer unsere Terroropfer sind, bestimmen wir.

Was also haben deutsche Geheimdienstchefs mit ihrem Amtskollegen aus Teheran zu besprechen? Gar nichts. Unsere Forderung ist klar und keine Geheimsache: Rücknahme des Mordbefehls, Schluß mit der Finanzierung fundamentalistischer Agenten, aktive Hilfe beim Friedensschluß im Nahen Osten und kein Anheizen der Feindseligkeit gegen Arafat, Schutz für Bahais und andere religiöse Minderheiten. Das aber wäre Sache der deutschen und europäischen Regierungen, dazu brauchen wir keine Sonderkontakte mit dem Geheimmann aus Teheran. Freimut Duve

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen