: Ungelöste Widersprüche
■ Der Nato-Gipfel hat die Probleme nur verschoben
Eine Klarheit hat der Madrider Gipfel dank Tony Blair wenigstens gebracht. Die Nato ist „keine politische Organisation“, wie in zahlreichen Erklärungen seit Ende des Kalten Krieges immer wieder reklamiert wurde, sondern „eine militärische Allianz“. Doch alles andere bleibt weiter offen und umstritten – vor allem die Reform der Kommandostrukturen und das Verhältnis zur Westeuropäischen Union.
Auch die notwendige Debatte um die Osterweiterung dieser militärischen Allianz kann nach dem Gipfel endlich richtig beginnen – in allen 16 alten Mitgliedsstaaten, den drei osteuropäischen Ländern, die jetzt grünes Licht für Aufnahmeverhandlungen erhielten, sowie bei den neun weiteren Beitrittsaspiranten. Dies muß eine Debatte über alle Aspekte sein: Denn bislang wurde etwa die Frage der finanziellen Folgekosten der Osterweiterung der Allianz mit Rücksicht auf den Gipfel einfach verdrängt.
Wer glaubt, mit der Madrider Entscheidung sei die Aufnahme Polens, Ungarns und der Tschechischen Republik bis zum 50. Geburtstag der Allianz im April 1999 bereits garantiert, könnte sich täuschen. Denn die Entscheidung kam einem Diktat der USA gleich, sie beruht auf keinem klaren sicherheitspolitischen Konzept und ist voller Widersprüche. Deshalb sind auch die innenpolitischen Auswirkungen noch nicht absehbar.
So ist die erforderliche Zustimmung in den Parlamenten der 16 Altmitglieder noch keineswegs ausgemacht – insbesondere nicht im US-Kongreß. Um die erforderliche Zweidrittelmehrheit zu erreichen, wird Präsident Clinton wahrscheinlich deutliche Signale in Richtung der baltischen Staaten aussenden müssen, die weit über den Madrider Beschluß hinausgehen. Und dies könnte wiederum zu verschärften Problemen mit Rußland führen. Aber auch in der französischen Nationalversammlung könnte die erneute politische Niederlage Frankreichs gegenüber den USA zu einer Ablehnung der Madrider Gipfelentscheidung führen. Dazu kommt, daß Rumänien, Slowenien und andere Staaten in Madrid einen Korb erhielten und nicht einmal das vorab versprochene eindeutige Signal für eine zweite Aufnahmerunde erteilt wurde. Auch in diesen Staaten sind innenpolitische Verwerfungen zu erwarten. Insofern hat dieser Gipfel höchst doppelbödige Folgen. Andreas Zumach
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