Unerwünschte Verbindung: Nazi-Seite warb für Bild.de
Eine rechte Website hatte Werbung für das Internetportal der Bild geschaltet. Ohne Wissen von Bild.de, so ein Sprecher. Eine externe Agentur habe die Werbung eingekauft.
Die Website der "Nationalen Sozialisten Boizenburg" bietet wenig Überraschendes. "Todesstrafe für Kinderschänder" fordern hier die Rechtsextremisten aus der Kleinstadt an der Elbe in Mecklenburg-Vorpommern. Berichte über lokale Gedenkveranstaltungen für die "deutschen Helden" im Zweiten Weltkriege folgen wie auf vielen rechtsextremen Websites. Unten rechts blinkte bis vor kurzem bei den "Nationalen Sozialisten Boizenburg" allerdings ein Werbeblock auf: "Wo die schönsten Mädchen wohnen. Bild.de".
"Das war uns nicht bekannt", sagt Tobias Fröhlich, Pressesprecher von Bild.de. "Werbung auf solchen Seiten will Bild natürlich nicht haben", versichert er. Die Onlinewerbung hat Bild auch nicht selbst geschaltet. "Wir haben eine Mediaagentur mit der Internetwerbung beauftragt" erklärt Fröhlich. Schon gleich nach der Nachfrage der taz, wurde dieser Onlinewerbeauftritt unterbunden. Seitdem blinkt bei den "Nationalen Sozialisten Boizenburg" auch nicht mehr eine Anzeige von Apple auf.
Vor solchen unfreiwilligen Werbeauftritten auf unpassenden Websites sind Firmen, Unternehmen und Verlage nicht grundsätzlich gefeit. Denn meist speisen die Medienagenturen die Onlinewerbung in weit verzweigte Netzwerke. Um Werbeauftritte auf unerwünschten Websites zu unterbinden, bieten die Agenturen ihren Kunden aber Listen mit Begriffen und Schlagworten an, die quasi als Filter dienen. So soll, wenn gewünscht, auch verhindert werden, dass die Werbung auf Sexwebsites aufblinkt. Fröhlich betont: "Der Dienstleister hat von uns eine so genannte Blacklist erhalten, mit Begriffen, die solche Websites ausschließen sollen". Zu dieser No-Go-Liste gehören szenetypische Begriffe wie "nationalsozialistisch" oder Zahlencodes wie "88" für "Heil Hitler". Die Dynamik des Internets macht es nicht leicht, eine kleine Änderung im Begriff, schon kann der Schutzmechanismus unterlaufen werden. "Durch ein strenges Qualitätsmanagement unterbinden wir unpassende Werbung, überprüfen die Liste ständig", betont Fröhlich und hebt hervor, dass solch eine Werbung ihnen bisher nicht passiert wäre.
Auf rechtsextremen Websites findet sich aber öfter kommerzielle Werbung. "Im Jahr 2007 erreichte das deutschsprachige rechtsextreme Angebot im Internet einen neuen Höchststand," sagt Michael Wörner-Schappert vom jugendschutz.net. Sie beobachteten mehr als 1.600 rechtsextreme Websites und dokumentierten zahlreiche rechtsextreme Videos und Profile in Web 2.0-Angeboten. Ihnen fiel die kommerzielle Werbung auf den rechten Sites mehrfach auf. Wörner-Schappert betont aber: "Dabei handelt es sich in der Regel aber nicht um ein bewusstes Werben kommerzieller Anbieter bei einer rechtsextremen Zielgruppe, sondern um die Einbindung von Werbebannern durch Provider, die kostenlosen Speicherplatz oder Dienste zur Verfügung stellen". Vor allem Weiterleitungsdienste, Web2.0-Angebote oder kostenlose Foren- und Gästebuchanbieter, die sich über Werbeeinblendungen (mit-)finanzieren seien anfällig. "Kommerzielle Werbeeinblendungen in einem rechtsextremen Kontext sind von den betroffenen Unternehmen nicht intendiert", hebt Wörner-Schappert hervor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!