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"Unerhört"-Protokolle"Politik! Das hasse ich!"

Anders als in seinem Geburtsland Indonesien muss Murtiono Agung Riyadi seine Homosexualität nicht verbergen. Politik interessiert ihn nicht - dafür kocht er für Obdachlose.

"Hier in Duisburg kann ich frei leben, wie ich will", sagt Hausmann Murotiono Agung Riyadi. Bild: kirsten küppers

Wir haben durchgehalten. Die meisten Leute, die haben doch Beziehungen, die halten nur ein paar Jahre. Aber toi, toi, toi: Ich lieb ihn immer noch! Er geht seiner Arbeit nach, er ist Steuerrechtler, und ich bin halt im Haushalt. Mir macht das nichts aus, wissen Sie. Ich komme aus Indonesien und bin hier seit 1999. Bei uns in Indonesien ist das selbstverständlich. Die Männer helfen den Frauen: Sie kommen von der Arbeit nach Hause und helfen beim Kochen und Saubermachen.

Ich hab meinen Partner in Indonesien kennengelernt. Horst hat dort Urlaub gemacht. Eine Bekannte von mir wollte ihm zeigen, wie schön Indonesien ist. Ich hab gedolmetscht. Wir waren auf Bali, auf Java, überall. Und da hatten wir dann die Beziehung angefangen. Horst hat gesagt: Komm, ich nehm dich mit! Ich kann dich nicht hier lassen. Seitdem lebe ich hier in einer Lebenspartnergemeinschaft. In Indonesien wird Homosexualität geduldet, aber nur heimlich. Es wird nicht offen darüber geredet. Hier in Duisburg kann ich frei leben, wie ich will.

Nebenher arbeite ich hier noch ehrenamtlich bei der Obdachlosenhilfe. Das heißt, wenn ich fertig bin und gekocht hab, gewaschen und geputzt, dann gehe ich dahin und helfe noch ein bisschen. Ich koch dann für die ganzen Leute. Meistens deutsche Küche. Zum Beispiel Rotkraut mit Braten, Königsberger Klopse, solche Sachen. Ich hab in einem Kochbuch nachgeguckt, wie das geht, dann noch ein bisschen verfeinert, und das klappt dann irgendwie. Manchmal koche ich auch indonesisch für die Obdachlosen, aber die Gewürze sind nicht immer vorrätig. Die Obdachlosen finden das eine schöne Abwechslung. Aber Salzkartoffeln mit Fischstäbchen sind ihnen lieber.

Ich habe keine großen Wünsche. Ein Sack voll Geld wäre gut und mehr Zeit für Urlaub. Aber eigentlich bin ich sehr glücklich hier. Nur die Bürokratie in Deutschland, die ist zu viel. Wenn ich irgendwohin gehe zu einem Amt, dann geht es hin und her und hin und her. Ich wünsche mir, dass das ein bisschen vereinfacht wird.

Wegen der Bankenpleite hab ich noch einen Wunsch. Die Manager dieser Banken sollten zur Verantwortung gezogen werden. Die kriegen sogar noch Prämien bezahlt. Und jeder kleine Betrüger, der seine Miete nicht zahlt, muss gleich in den Knast. So was ärgert mich! Oh! Politik! Das hasse ich!

PROTOKOLL: KIRSTEN KÜPPERS

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