Unentschlossene Klimapolitik der USA: Erst eingewilligt, dann distanziert
Führende US-Politiker zeigen sich verärgert, dass sich ihre Regierung so schnell von den Beschlüssen der UN-Klimakonferenz auf Bali distanzierte.
![](https://taz.de/picture/405957/14/clin_b.jpg)
WASHINGTON taz "Welchen Teil von Ja versteht Bush denn nicht?", fragte noch am Freitag ein genervter Carl Pope. Der Direktor des einflussreichen US-Umweltverbands Sierra Club hatte kurz zuvor die Präsentation von James Connaughton zu zukünftigen Emissionswerten gesehen. Anschließend hatte er den Vorsitzenden des Rats für Umweltqualität im Weißen Haus und Chef der US-Delegation auf Bali gelobt und sich gewundert: "Sie verstehen das Problem, seine Dringlichkeit, die Lösungen und die Notwendigkeit, die ganze Welt zusammenzubringen doch eigentlich sehr gut." Er und weitere führende US-Politiker waren entsprechend verärgert, als wenige Stunden nach dem errungenen Abschluss der UN-Klimakonferenz von Bali sich die US-Regierung von dem Kompromiss distanzierte. Das Weiße Haus hatte erklärt, Washington sei "ernsthaft besorgt" über die Beschlüsse zur Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen.
Als hätte es in den vergangenen zwei Wochen nicht einen dramatischen Verhandlungsmarathon und mehrere von der US-Delegation ausgelöste Krisen unter den knapp Ländervertretern auf Bali gegeben, äußerte die US-Administration schon wieder ihre alten Bedenken. Ein Nachfolgeabkommen des Kioto-Protokolls müsse das Recht eines Staats auf Wirtschaftswachstum und Energiesicherheit anerkennen, hieß es. Gleichzeitig forderte die Bush-Regierung größere Anstrengungen der Schwellenländer beim Abbau der Treibhausgase. Die Industriemächte allein könnten die Herausforderung nicht schultern.
So drehte die Bush-Administration kurzerhand die Uhr wieder zurück und verfiel auf ihre sture Position aus der Zeit der Verhandlungen zum Kioto-Protokoll. Und damit auf den Standpunkt, dass Staaten wie China, Indien und Brasilien mehr Verantwortung beim Klimaschutz übernehmen müssten. Und weil die Entwicklungs- und Schwellenländer beim Kioto-Abkommen nicht zur Emissionsreduktion verpflichtet wurden, hatten die USA als einziger großer Industriestaat - und verantwortlich für ein Viertel des weltweiten CO2-Ausstoßes - das Abkommen nicht ratifiziert.
Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton kritisierte, die Bush-Regierung habe erneut versucht, "den Fortschritt abzublocken". Letztlich habe das "Gewicht des wissenschaftlichen und politischen Konsenses" überwogen. Sie versprach, im Falle ihres Wahlsiegs werde sie "sofort den Prozess zur Aushandlung eines Kioto-Nachfolgeprotokolls anführen".
Präsidialamtssprecherin Dana Perino erklärte am Sonntag, zwar seien viele Punkte der Beschlüsse "recht positiv", ihre Regierung habe aber "ernsthafte Bedenken, was andere Aspekte" betreffe. Die Verhandlungsparteien müssten die Rolle großer Emittenten unter den Entwicklungsländern ausreichend berücksichtigen. Zuvor hatten die USA durchgesetzt, dass in dem Abschlussdokument keine konkreten Ziele für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen genannt werden; es gibt aber einen Verweis auf den Weltklimarat (IPCC), der solche Ziele empfiehlt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!