PHILIPP GESSLER ÜBER DIE LEHREN AUS DEM MISSBRAUCHSSKANDAL : Und sie bewegen sich doch
Diese Sache ist noch lange nicht ausgestanden – und dass sie nur einen Tag nach den Beschlüssen der katholischen Kirche gegen Kindesmissbrauch im Internat Kloster Ettal und offenbar auch in der Erzabtei St. Ottilien weitergeht, zeigt, wohin der Weg geht: Die katholische Kirche wird nach außen wie nach innen noch eine Menge zu leisten haben, will sie nicht dauerhaft das bevorzugte Objekt von Abscheu und Häme einer gründlich angewiderten Öffentlichkeit bleiben.
Allerdings wäre es unangemessen, den katholischen Oberhirten vorzuwerfen, dass sie sich nicht bewegten oder insgeheim alles weiter vertuschen wollten. Die Verschärfung ihrer 2002 verabschiedeten Leitlinien gegen Kindesmissbrauch fiel keineswegs so halbherzig aus, wie etwa Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Freitag erneut vermitteln wollte. Es drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass sie mit ihren zum Teil faktisch falschen Anwürfen gegen die Kirche vor allem einer traditionell kirchenkritischen Klientel innerhalb der liberalen Wählerschaft zu gefallen sucht. Ihr Parteichef Westerwelle macht ja gerade vor, wie abstürzende Zustimmungsraten vor der nahen Wahl in NRW zu hanebüchenem Populismus verführen.
Damit sei nicht gesagt, dass die in Freiburg beschlossenen Maßnahmen nun schon das Nonplusultra wären. Zweifelhaft ist auch, ob die Bischöfe wirklich damit durchkommen, die Fragen nach einer Mitschuld des Zölibats, ja der gesamten katholischen Sexuallehre mit knappen Verweisen auf unabhängige Experten einfach wegzudrücken. Alles in allem aber wäre es fair, zunächst abzuwarten, ob ihre nicht schlecht begründeten Maßnahmen vielleicht greifen. Dass der Münchener Erzbischof Marx in Ettal so konsequent und relativ schnell durchgreift, ist ein hoffnungsvolles Zeichen.
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