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Und das auchHannover ist jetzt grün

Ende November war es endlich so weit: Da wurde Belit Onay im Rathaus von Hannover die goldene Amtskette umgehängt. Am 10. November war der 38-Jährige zum ersten grünen Oberbürgermeister der Landeshauptstadt gewählt worden. Er ist damit zugleich der erste migrantische Oberbürgermeister einer deutschen Landeshauptstadt und der vierte grüne OB einer deutschen Großstadt.

Das Aufsehen, dass sein Wahlsieg erregt hat, trägt Onay allerdings mit stoischer Gelassenheit. Von der rassistischen Hetze, der er im Wahlkampf und vor allem nach seinem Sieg verstärkt ausgesetzt war, lässt er sich nicht einschüchtern: Er wolle Oberbürgermeister „für alle Menschen“ sein, sagte er, als er mit dem Empfang der fast ein Kilo schweren Goldkette offiziell ins Amt eingeführt wurde.

Onay hat viel vor: 2030 soll in Hannovers Innenstadt kein Auto und kein Motorrad mehr fahren, die Tickets für Busse und Bahnen sollen nur noch 1 Euro kosten, es soll mehr Radwege geben. Wenn schon Auto, dann Carsharing. Denn so ganz ohne Auto dürfte es in Hannover auch für einen grünen OB nicht gehen. Die Stadt liegt in der Nähe von Wolfsburg. Dort gibt das VW-Werk den Takt im Leben der meisten Menschen vor, das Land Niedersachsen ist Anteilseigner bei dem Unternehmen.

Daher ist auch klug, wenn der Grüne nicht nur Öko-Aspekte betont, sondern auch sozialpolitisch etwas bewegen will: mehr bezahlbare Wohnungen, mehr Einbindung von sozial Benachteiligten ins gesellschaftliche Leben, bessere Kitas und Bildung für alle.

Onay, der als Schüler in die SPD eingetreten war, bevor er später zu den Grünen kam, für die er bis zu seiner Wahl im Landtag saß, hat mit seiner Wahl das über 70-jährige „Vorrecht“ der SPD auf das Hannoversche Rathaus gebrochen. Sein Amtsvorgänger Stefan Schostok war im Frühsommer wegen der sogenannten Rathaus-Affäre zurückgetreten. Dem SPD-Mann werden illegale Gehaltszahlungen an enge Mitarbeiter vorgeworfen. Bei der vorgezogenen OB-Wahl erzielten Onay und sein Kontrahent von CDU, Eckhard Scholz, das gleiche Ergebnis und mussten Anfang November in einer Stichwahl gegeneinander antreten. Aus der ging Onay mit knapp 53 Prozent der Stimmen als klarer Sieger hervor.

Onay wurde in Goslar als Sohn türkischer Einwanderer geboren und lebt seit seinem Jurastudium in Hannover. Er ist verheiratet und Vater eines Kindes, das er regelmäßig aus der Kita abgeholt hat. Ob er das in seinem neuen Amt noch schaffen wird? Simone Schmollack

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