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■ Umzugsplanung in Bonner HändenSchenkonkel Diepgen

Es ist pure Schönrednerei, noch von Hauptstadtplanung zu sprechen, wenn über die Domizile der Bundesregierung verhandelt wird. Der Regierende Bürgermeister hat hinreichend deutlich gemacht, welche stadtgestalterischen Gesichtspunkte eine Rolle gespielt haben, Bundesaußenminister Kinkel das zentralste Areal der Stadt zuzusprechen: keine. Einzig geleitet von der Maxime der „Unumkehrbarkeit des Hauptstadtbeschlusses“, gab Diepgen im vorauseilenden Gehorsam eine Position preis, die in Bonn in dieser Weise noch nicht einmal gefordert war. Durch diesen patriarchalen Alleingang wurden all diejenigen düpiert, die sich als Planer oder Bürger Gedanken um die Gestalt dieses Stadtzentrums gemacht haben. Das kleinlaute Schweigen des Stadtentwicklungssenators nach der Entscheidung vom Dienstag spricht dafür Bände.

Es ist klargeworden, wer bei der Hauptstadtplanung letztendlich die Entscheidungshoheit hat. Vieles spricht dafür, daß sich die Bonner auch bei den im Mai anstehenden Verhandlungen zur Verkehrsplanung und bei der Gestaltung des Spreebogens durchsetzen werden. Kohls Wunsch, dort nicht in den vom Wettbewerbssieger Schulte vorgegebenen Strukturen, sondern in einem Solitär zu residieren, läßt ahnen, wie künftig über Stadtraum verfügt wird.

Daß Diepgens Alleingang in der Regierungskoalition unkommentiert hingenommen wurde, legt die Vermutung nahe, daß die politisch Verantwortlichen in SPD und CDU keine eigenen Vorstellungen zur Stadtgestaltung hatten, die Grundlage der Verhandlungen mit Bonn hätten sein können. Immerhin gab es vor den Verhandlungen zu dieser eminent wichtigen Frage weder im Senat noch im Abgeordnetenhaus eine abgeschlossene Willensbildung. Die politische Spitze hat sich, aus Angst davor, den Regierungsumzug zu verhindern, bereits das Nachdenken darüber verkniffen.

Diese Konzeptionslosigkeit korrespondiert mit der Selbstüberschätzung des Senats, die Bevölkerung würde in dem gleichen Maße den Regierungsumzug mittragen, wie er selbst dessen Notwendigkeit propagiert. Der Verzicht darauf, eine eigenständige Position der Stadt gegenüber dem Bund überhaupt zu artikulieren, führt jedoch dazu, daß sich die Bevölkerung in der Auseinandersetzung zu Recht nicht vertreten fühlt. Da sie die Auswirkung der Entscheidung jedoch zu spüren bekommt, ist es eine Frage der Zeit, wann sich ihr Unmut darüber äußert. Dieter Rulff

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