■ Mit unserem Steuersystem auf du und du: Umweltsünde lohnt sich
Berlin (taz) – Das geltende Steuerrecht ist undurchschaubar, und für gerecht hält es wohl niemand. Das ifo-Institut hat sich nun im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums mit spezifischen Steuervergünstigungen beschäftigt, nämlich den ökologisch kontraproduktiven. Es habe sich erwiesen, „daß das deutsche Steuersystem praktisch keine ökologischen Ziele verfolgt. Es trägt vielmehr zur Aufrechterhaltung oder gar Verstärkung umweltbelastender Tätigkeiten bei“, so die Münchner Wirtschaftsforscherinnen. Durch kleine Änderungen könnte der Finanzminister nicht nur das System vereinfachen, sondern auch dem Umweltschutz dienen und sogar noch mehr Geld einnehmen.
Besonders ärgerlich finden die Expertinnen die Bevorzugung der umweltschädigenden Verkehrsmittel. Durch die Kilometerpauschale, die Bewertungsfreiheiten in der Einkommenssteuer für Schiffe und Flugzeuge sowie die Befreiung des Luftverkehrs von der Mineralölsteuer verzichte der Staat auf mehr als eine Milliarde Mark. Dabei sei es ganz einfach, etwa die Auto-Kilometerpauschale umweltfreundlicher zu gestalten, indem man sie durch eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale ersetzt. Hauptnutznießer der umweltschädlichen Vergünstigungen sind neben dem Verkehr die Landwirtschaft sowie die Mineralöl- und Chemieindustrie, die von der Mineralölsteuerbefreiung profitieren. Landwirtschaftliche Betriebe bekommen zum Beispiel einen steuerlichen Anreiz, einen möglichst hohen Viehbestand zu halten. Die Begünstigung kommunaler Entsorger verbilligt zudem die Abfall- und Abwasserbeseitigung, was nicht gerade zu einem sparsameren Umgang mit den Ressourcen führt, monieren die Wissenschaftlerinnen.
Insgesamt, so das ifo-Institut in einer sehr konservativen Schätzung, ergeben sich in diesen Sektoren Steuerausfälle von mindestens zwei Milliarden Mark. Durch die Abschaffung solcher Steuergeschenke würden allerdings einige SteuerzahlerInnen höher belastet als bisher. Geschickt argumentieren die Forscherinnen, daß dies jedoch ausgeglichen werden könne, wenn dafür andere Steuern entsprechend gesenkt oder abgeschafft würden. Dies wäre dann endlich der Einstieg in die lange angemahnte ökologische Steuerreform. Nicola Liebert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen