: Umweltschutz ist Privatsache
■ Jungunternehmer: Ökologie hat nichts mit Caritas zu tun / Wachsendes Interesse der Vermieter / Centrum für Baubiologie und Ökologie soll sich ohne Förderung tragen
Umweltverträgliches Bauen ist eine erfolgversprechende Zukunftsbranche, da ist sich Hans- Kurt von Eicken sicher. Er gründete daher vor knapp drei Monaten in unmittelbarer Nähe des Rathauses Schöneberg das Centrum für Baubiologie und Ökologie (CeBÖ). Originell: Er will keine Förderung von öffentlicher Seite. Umweltschutz müsse endlich ein privatwirtschaftliches Thema werden, so seine These. Bisher scheint die Rechnung aufzugehen.
„Ökologie hat nichts mit Caritas zu tun“, sagt von Eicken: Umweltschutz könne nur einen effektiven Nutzen haben, wenn er auch und gerade von der Privatwirtschaft gefordert und betrieben werde. Der 35jährige sieht dafür auch durchaus Chancen: Viele Mieter seien extrem sensibel geworden, „selbst die Wohnungsbaugesellschaften merken, daß sie Geld und viel Ärger sparen, wenn sie gleich vernünftig bauen oder sanieren“. Gleiches gelte für Büroräume, ergänzt von Eicken: Wenn ein Mitarbeiter durch besseres Raumklima nur zwei Tage im Jahr weniger krank sei, refinanziere sich die ökologische Sanierung schnell.
Schadstoff-Sanierung nimmt der gelernte Tischler, Heilpraktiker und ehemalige „genervte Architekturstudent“ nicht nur selbst vor; er bildet auch Handwerker weiter, die sich in diesem Bereich noch nicht auskennen. Lange Zeit habe es viel zuwenig Fachleute gegeben, die sich im ökologischen Bereich auskannten, wundert sich von Eicken über die jahrelang ungestopfte Marktlücke.
Und gesättigt ist der Markt nach Ansicht des Jungunternehmers noch immer nicht: Ein kleines Tischler-Kollektiv habe mit seiner Unterstützung und Beratung auf umweltfreundliche Bau- und Bearbeitungsmethoden umgestellt, „die kann ich heute nicht mehr vermitteln, weil die dermaßen ausgebucht sind“. Mit seiner Marktbeobachtung versucht er vor allem, Beschäftigten in ABM-Projekten Mut zu machen. Denn gerade weil die Arbeitsverhältnisse befristet und die Chancen auf eine Anstellung in Öko-Betrieben gering seien „will ich die Leute heißmachen: Mensch, ihr habt eine Chance, macht euch selbständig.“
Gefragt sind nach seiner Ansicht Umwelt-Spezialisten, da die Verbraucher „wegen der ganzen Öko-Siegel und Kennzeichnungen ganz verwirrt“ sind: „Die wissen gar nicht mehr, wen sie fragen sollen.“ Nicht zuletzt deswegen sollen im CeBÖ Kontakte zwischen Fachleuten und Verbrauchern hergestellt werden. Von Montag bis Freitag wird an jedem Abend um 19 Uhr ein Vortrag zu einem baubiologischen oder ökologischen Thema gehalten. Die Besucherzahlen steigen, obwohl der Eintritt nur manchmal frei ist. Meist kostet er 10 oder 15 Mark. Daß die Gäste gerne zu dem Arzt oder Heilpraktiker, Tischler oder Architekten gehen, den sie dort gehört haben, bezeichnet von Eicken als selbstverständlich und gewollt.
Denn die Chance der Natur sieht er in einem funktionierenden Öko-Markt. Dazu gehöre auch, daß er bei Dämmstoffen aus Altpapier auf „Isodan“ des Berliner Stattbauhofs als preiswertere Alternative zum Marktführer „Isofloc“ verweise oder Kurse anbiete, in denen Naturfarben hergestellt werden: „Manches ist einfach viel zu teuer, nur weil ,Öko‘ draufsteht.“ Christian Arns
Die nächsten Vorträge im CeBÖ, jeweils um 19 Uhr:
Montag, 5.9.: Luft- und Staubfilter für allergiegeplagte Menschen; Dienstag, 6.9.: Biorhythmus – wer klug ist lebt danach; Mittwoch, 7.9.: Ayurvedische Körperpflege; Donnerstag, 8.9.: Wohnen und Leben mit Allergien; Freitag, 9.9.: Gesundes Renovieren und Sanieren; Montag, 12.9.: Energiesparmaßnahmen; Dienstag, 13.9.: Lehm als Baustoff; Mittwoch, 14.9.: Komposttoiletten; Donnerstag, 15.9.: Gesundheit und Wohlstand; Freitag, 16.9.: Kompost
Centrum für Baubiologie und Ökologie, Belziger Straße 74, 10823 Berlin, Telefon: 7816119.
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