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Umweltschützer und Waljäger„Der Wal schenkt sich“

Wie Walbegeisterte traditionelle Waljäger-Kulturen zu Feinden machen, veranschaulicht der Zusammenstoß von Umweltschützern und Makah-Indianern.

Greenpeace-Aktion vor den Nordischen Botschaften in Berlin. Foto: Stephanie Pilick/ dpa

taz: Frau Roch, in der großartigen Wal-Ausstellung des Bremer Übersee-Museums wird auch die Geschichte vom Donnervogel erzählt, der den Wal an Land bringt und so die Hungersnot beendet. Stammt die von den Makah-Indianern, die Wal-Jäger waren?

Claudia Roch: Nein, die Fassung die wir haben, ist nicht von den Makah, aber die Geschichte ist in unterschiedlichsten Varianten bei den indianischen Völkern an der Nordwestküste verbreitet. Der Wal spielt an der gesamten Küste eine Rolle in Mythologie und Kunst.

Wie haben diese Wal-Kulturen das Ende des Walfangs erlebt?

42, ist promovierte Ethnologin und arbeitet seit 2014 im Übersee-Museum Bremen.

Die meisten Stämme haben höchstens mal einen gestrandeten Wal verbraucht. Die Waljagd war eine besondere Tradition der Makah. Die hatten 1855 mit den USA den Vertrag von Neah Bay geschlossen: Darin ist ihnen, gegen die Abgabe eines beträchtlichen Teils ihres Territoriums, das Recht auf Walfang zugesichert worden.

Und das haben die die ganze Zeit genutzt?

Nein, Ende der 1920er-Jahre hatten sie den Walfang aufgegeben, weil die Population der Grauwale zurückgegangen war. Dann hatten die Bemühungen der US-Regierung um Assimilierung dazu geführt, dass Traditionen innerhalb der Familien verloren gingen.

Und wieso wurde die Jagd wieder aufgenommen?

Voraussetzung war die Erholung der Bestände. Der Grauwal steht seit 1994 nicht mehr auf der Liste der bedrohten Tierarten. Andererseits gab es eben ein neu erwachtes indianisches Selbstbewusstsein: Seit Ende der 1960er gab es das American Indian Movement, das Bemühen. die eigenen Traditionen wieder zu beleben.

Und so zogen die Indianer den Zorn von Naturschützern auf sich?

Genau. Das ist eine absurde Geschichte: Die Indianer waren von den Umweltbewegungen als Ökoheilige propagiert worden.

Damit war dann Schluss?

Die Indianer sind eben nur solange Vorbilder, wie sie das tun, was die Weißen wollen. Und dann haben sie sich halt einfallen lassen, einen Wal zu erlegen, und es war wirklich nur ein einziger, obwohl die Internationale Walfang-Kommission ihnen eine Fangquote von 20 Tieren zugestanden hatte. Und schon ist der Indianer nicht mehr der edle Wilde, sondern der blutdurstige Barbar.

Die Aufregung der Tierschützer ist übertrieben?

Sie hat auch etwas damit zu tun, dass der Wal von unserer Kultur so eine Sakralisierung erfahren hat, und als höheres Wesen, als sanfter Riese oder sogar als eine Art besserer Mensch dargestellt wird. Von indianischer Seite heißt es dann, sehr zu Recht, wie ich finde: Die Leute, die sich so gegen den Walfang stellen, könnten ja mal damit anfangen, vor McDonalds zu protestieren. Es werden massenhaft Tiere geschlachtet, ohne dass es den Leuten etwas ausmacht.

Hat das auch damit zu tun, dass außer den Basken die Europäer keine nennenswerte Wal-Kultur haben – bis sie im 18. Jahrhundert eine stark technologisierte Waljagd beginnen?

Mindestens liegt da ein Unterschied: Die indianische Waljagd hat mit Abschlachten nichts zu tun. Es sind stets Einzelfälle, es wird ein Tier gejagt – und das Ganze geschieht traditionell in einem Kanu. Das Risiko dabei ums Leben zu kommen, war groß. Auch hatte der Wal immer eine faire Chance. Und die Jagd wurde vorbereitet durch monatelange Zeremonien: Reinigungen, Beachtung von Tabus. Die Vorstellung dahinter ist wirklich: Der Wal schenkt sich.

Und das ist bei den Makah immer noch so?

Man hat auf Zuraten der Walfang-Kommission einen Kompromiss gefunden zwischen traditioneller Waljagd und Tierschutzvorstellungen. Bei der traditionellen Jagd erfolgt der erste Angriff per Harpune durch den Anführer. Das hat man beibehalten. Aber früher wurde das Tier dann mit Speeren beschossen und ist ausgeblutet, das ging unter Umständen über Tage hinweg.

Klingt heftig.

Ja, und davon hat man Abstand genommen: Ein Veterinärmediziner hat ein großkalibriges Gewehr entwickelt, um das Töten humaner zu gestalten.

Unseren aktuellen Schwerpunkt zum Thema „Wal-Sterben“ lesen Sie in der Norddeutschland-Ausgabe der taz.am wochenende.

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