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Umwelt verliert den Vorrang

■ Warum das Senatsressort für Umweltschutz und Stadtentwicklung wieder geteilt werden soll / Bau-Abteilungen ließen Lemke-Schulte als Verkehrspolitikerin scheitern

In Zukunft soll es neben dem Ressort Umwelt wieder ein selbständiges Bau-Ressort geben, so hat es Bürgermeister Klaus Wedemeier nach der Sparklausur des Senats im Oktober gesagt. Der Grund ist offensichtlich: Die Senatorin Lemke -Schulte kommt mit dem Doppelressort nicht zurecht.

Noch vor einem halben Jahr hatte die Umweltsenatorin daran erinnert, daß durch die Verankerung des Umweltschutzes in der Landesverfassung „das politische Gewicht des Umweltschutzes entscheidend aufgewertet“ werden sollte, die Integration von Bauressort und Umweltschutz sei dazu ein „grundlegender erster Schritt“.

Vor gerade einem Jahr hatte auch Wedemeier noch mit großen Worten erklärt, welchen Fortschritt die Zusammenlegung der Ressorts bedeute: „Stadtplanung, Stadtentwicklung .. sind Umweltschutz“, sagte er auf dem SPD-Landesparteitag am 3.10.1987.

„Das ist eigentlich die entscheidende Neuorganisation, wobei eine entscheidende Neuorientierung unserer Politik in einer entsprechenden Organisationsform zum Ausdruck kommen soll.“

Falsch war das nicht. Aber von Neuorientierung ist kaum etwas deutlich geworden: Nach einem Jahr ist der Bereich Abfall/Müllentsorgung dem Senatsdirektor Umwelt unterstellt, mehr nicht - sogar die Zuständigkeit für die Abwasser -Entsorgung liegt nach wie vor bei den bauenden Abteilungen. Der Organisationsplan für das neue Doppelressort ist erst einige Wochen alt, es existiert noch kein Geschäftsverteilungsplan für das neue Ressort, der neue Senatsdirektor für den Bereich Stadtentwicklung hat sich kaum eingearbeitet - da lesen die Behördenarbeiter in der Zeitung, daß das Ressort wieder getrennt werden soll. Erstmal ist damit die Arbeit wieder blockiert. „Ein Viertel bis ein Drittel der Arbeitskraft geht in den internen Streit

um die Ressort-Aufteilung“, erklärte ein Behördenmitarbeiter der taz.

Falsch war die Hoffnung, daß die Mitarbeiter und Abteilungen des Bauressorts der neuen Chefin zuarbeiten würden. Denn Eva-Maria Lemke-Schulte ist vor allem in der Verkehrspolitik gescheitert. Die Abteilungen der Bau-Behörde waren ein Jahr lang nicht in der Lage, ihre Jahre alten Planvorstellungen den veränderten politischen Zielen anzupassen - die Senatorin wurde von der ersten Umweltschützerin zur ersten „Straßen-Bauerin“. Seit dem 17.10. gibt es ein Papier des neuen Senatsdirektors Otto Schulte, das eine geringfügige Korrektur der Straßenbaupläne für erforderlich hält; Schulte mußte seine Überlegungen auf externe Gutachter stützen, und die Behörde akzeptierte es bis heute nicht: nach sechs Wochen wird die Position des Behörden-Leiters von der Pressestelle der Senatorin noch als „persönliche

Ideenskizze“ bezeichnet.

Welche politische Orientierung ein neuer Senator Dittbrenner für das alte Bau-Ressort mitbringen würde, ist völlig offen. In der SPD-Linken plädierte er für vorsichtige Korrekturen der Straßenbau-Planungen, sein Deputationssprecher Schreiber argumentiert aber nach wie vor mit Shell-Prognosen für den Verkehr im Jahre 2000 gegen Konzepte ökologischer Stadtgestaltung.

Nicht inhaltliche Argumente wurden bisher gegen die Wiederherstellung des alten Bauressorts angebracht, sondern partei-taktische: Die Senatsvergrößerung, so argumentierte gestern der Unterbezirksvorstand Bremen-West, paßt nicht in die Landschaft der Sparbeschlüsse. Und zweitens gilt Dittbrenners Verhältnis zu Wedemeier aufs äußerste gespannt. Wedemeiers Stellvertreter Scherf warf nach einer Dittbrenner -Rede in der SPD-Fraktion am vergangenen Donnerstag wutentbrannt das Wort „Posten

jäger“ in die Debatte.

K.W.

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