Umstrittenes Kohlekraftwerk in Hamburg: BUND wirft Vattenfall Erpressung vor
Der Bund für Umwelt und Naturschutz wirft Vattenfall Erpressung vor: Für den Fall, dass der Konzern sein Kraftwerk nicht bauen darf, soll er dem Hamburger Senat ein Ultimatum gestellt haben.
HAMBURG ap Im Streit um das geplante Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) dem Energiekonzern Vattenfall vorgeworfen, er erpresse die derzeit über eine Koalition verhandelnden Parteien CDU und Grün-Alternative Liste (GAL). Die Drohung mit Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe für den Fall, dass das Bauvorhaben nicht genehmigt wird, entbehre jeder Grundlage, erklärte der BUND am Donnerstag in Berlin. Vattenfall wolle sein Kraftwerk mit "dreisten Erpressungsversuchen" durchsetzen. Einem Medienbericht zufolge stellte der Stromriese unterdessen dem Senat ein Ultimatum für die Genehmigung.
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger sagte, wenn es Schule mache, dass Unternehmen ohne das Vorliegen aller Genehmigungen Industrieanlagen bauten und bei einem Baustopp ihre entstandenen Kosten der Allgemeinheit in Rechnung stellten, würden deutsche Genehmigungsbehörden zu "Geiseln der Wirtschaft". Vattenfall habe die Bauarbeiten in Moorburg auf eigenes Risiko begonnen, was aus der Vereinbarung mit der Stadt vom Dezember 2007 und einer Risikoübernahmeerklärung Vattenfalls hervorgehe.
Nach Informationen der Bild-Zeitung hat Vattenfall den Hamburger Senat in einem Brief aufgefordert, die noch ausstehende Baugenehmigung bis zum Freitag zu erteilen. In einem Geheimtreffen mit CDU und GAL am Mittwochabend soll die Konzernspitze vorgerechnet haben, bereits 200 Millionen Euro in den Bau investiert und Aufträge im Wert von 1,3 Milliarden Euro vergeben zu haben. Zuvor hatte Vattenfall-Chef Hans-Jürgen Cramer bereits eine Schadenersatzforderung in dieser Höhe angekündigt, falls das Projekt gekippt werde.
Die Gewerkschaften IG BCE, IG Metall, Ver.di und der Vattenfall-Betriebsrat riefen zu einer Demonstration für den Bau des Kraftwerks auf. Die Veranstalter erwarteten nach eigenen Angaben zu der Kundgebung am Donnerstagnachmittag bis zu 5.000 Teilnehmer.
Das im südlichen Stadtteil Moorburg geplante Steinkohlekraftwerk gilt als einer der Hauptknackpunkte in den laufenden schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen. Nach einer Vereinbarung mit der Stadt hat Vattenfall bereits mit dem Bau der umstrittenen 1.600-Megawatt-Anlage begonnen, obwohl noch die wasserrechtliche Genehmigung aussteht.
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