Umstrittenes Abkommen Südkorea-Japan: „Trostfrauen“ lehnen Trostpflaster ab
Ein Abkommen sollte den koreanischen Zwangsprostituierten ihre Würde wiedergeben. Doch viele betroffene Frauen lehnen den Deal ab.
„Der Kampf geht noch weiter“, sagte die 88-jährige Lee Yong-Soo. Seit 1992 demonstrieren die Frauen jeden Mittwoch vor Tokios Vertretung. Lee ist eine der letzten 46 bekannten Überlebenden von 200.000 Frauen, die im Zweiten Weltkrieg in Japans Militärbordellen sexuell versklavt worden waren. Die meisten kamen aus Korea.
Nach langem Streit hatten sich die beiden Außenminister am Montag in Seoul geeinigt, dass Japan sich offiziell entschuldigt, eine Milliarde Yen (7,6 Millionen Euro) in einen von Südkorea für die Frauen zu schaffenden Fonds zahlt. Der Streit sei damit „endgültig und unwiderruflich“ beendet.
Doch den Betroffenen stößt auf, dass die Regierung sich mit Japan einigte, ohne je die Frauen einbezogen zu haben. Sie kritisieren, dass Japan nicht offiziell Entschädigung zahlt, sondern nur eine humanitäre Hilfe. „Wir werden weiter dafür kämpfen, dass Japan auch juristisch seine Verantwortung übernimmt“, so Lee.
Streit um Mahnmal in Seoul
Viele in Südkorea sind empört, dass die Regierung Japan versprach, sich für die Entfernung einer Bronzestatue zum Gedenken an die Zwangsprostituierten einzusetzen. Die Statue eines Mädchens hatten Aktivistinnen 2011 vor Japans Botschaft aufgestellt. Seitdem protestiert Tokio gegen diese „Provokation“. In einer Umfrage sprachen sich jetzt 66 Prozent der Befragten für den Verbleib aus. Der Koreanische Rat für die Sexsklavinnen des japanischen Militärs, die wichtigste Unterstützergruppe ehemaliger Zwangsprostituierter, kündigte am Mittwoch an, im In- und Ausland weitere Statuen aufzustellen.
In Japan wurde das Abkommen positiver aufgenommen. Nur Rechtsextreme protestierten gegen den „Verrat“ von Ministerpräsident Shinzo Abe, der als rechter Nationalist bekannt ist. Einige forderten ihn auf, sich selbst zu töten. Um rechte Kreise zu besänftigen, hatte Abes Frau am Montag Tokios Yasukuni-Schrein besucht, einen Wallfahrtsort der Nationalisten, in dem auch verurteilter Kriegsverbrecher gedacht wird. In Korea und China gilt das als Provokation.
Auch Taiwan fordert jetzt eine Entschädigung der vier dort noch lebenden früheren Zwangsprostituierten. China nahm noch nicht Stellung. Viele werten die auf Druck der USA entstandene Übereinkunft der beiden US-Verbündeten Südkorea und Japan als gegen China gerichtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!