Umstrittener Start in Nordkorea: Was ging da in die Luft?
Nordkorea hat etwas Großes in die Höhe geschossen. Während das Land von einem Satelliten spricht, gehen andere Staaten von einem militärischen Raketentest aus.
PEKING taz | Noch Anfang der Woche zeigte sich die Weltgemeinschaft erleichtert. Nordkoreas Führung verkündete, das Zeitfenster für den Start einer weiteren Langstreckenrakete werde noch um eine Woche bis zum 29. Dezember verlängert. Offensichtlich waren dafür technische Probleme die Ursache. Im April hatte sich das stalinistische Regime in Pjöngjang schon einmal eine Blöße geleistet, als es großspurig einen Raketentest ankündigte. Aber nur wenige Sekunden nach Abschuss war die Rakete explodiert und ins Meer gestürzt. Am Mittwoch ging nun eine mehrstufige Rakete vom Typ „Unha-3“ an den Start. Dieses Mal waren die Nordkoreaner erfolgreich.
Dem südkoreanischen Verteidigungsministerium zufolge wurde die dreistufige Rakete am Mittwoch um 9.53 Uhr Ortszeit von einer Rampe im Stützpunkt Sohae an der nordkoreanischen Westküste abgefeuert. Sie überflog dabei die japanische Insel Okinawa. Die Regierung in Tokio meldete, die zweite Stufe der Rakete sei rund 300 Kilometer vor der philippinischen Küste ins Wasser gefallen.
Offiziell behauptet die Regierung in Pjöngjang, ihr Raketenprogramm diene friedlichen Zielen. Die neue Rakete habe lediglich die Aufgabe gehabt, einen Wettersatelliten ins All zu schießen. Südkorea, Japan und die USA hingegen vermuten hinter dem Abschuss den Test von Interkontinentalraketen, die auch chemisch oder gar atomar bestückt werden könnten. Vor allem die US-Amerikaner befürchten, Nordkorea könnte mit solchen Raketen das amerikanische Festland treffen.
Tatsächlich sind Raketen, die militärische Zwecke verfolgen, technisch kaum zu unterscheiden von Raketen, die Satelliten ins All bringen. Genau ist zwar nicht bekannt, wie weit Nordkorea bei seiner atomaren Bewaffnung ist. Der Federation of American Scientists (FAS) geht davon aus, dass das Regime über ausreichend Plutonium und Uranium verfügt, um sechs bis zehn Atomsprengköpfe zu bestücken. Bislang konnte Nordkorea nachweislich Mittelstrecken-Trägerraketen abschießen. An Tests von Langstreckenraketen mit bis zu 10.000 Kilometer Reichweite war Pjöngjang bislang stets gescheitert – zuletzt im April.
Weltgemeinschaft entrüstet
Über den nun gelungenen Raketenabschuss ist die Weltgemeinschaft entsetzt. Die USA verurteilten den Start als „hochprovokativen Akt“ und kündigten „geeignete Maßnahmen“ an. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte eine „deutliche Antwort auf diese Völkerrechtsverletzung“.
Per UN-Resolution ist Nordkorea die Nutzung von Waffentechnologien in der Raumfahrt untersagt. Russland und China, die letzten Verbündeten des ansonsten isolierten Stalinistenstaates, hatten dieser Resolution ebenfalls zugestimmt. Beide Länder kritisierten am Mittwoch Nordkorea auch, gaben sich aber sehr moderat. Man bedauere den Raketenstart, erklärte Moskau. Die Antwort sollte aber vorsichtig ausfallen, warnte Peking. Der UN-Sicherheitsrat hat noch für Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung einberufen.
Beobachter in Seoul rechnen dennoch damit, dass das Regime unter dem jungen Diktator Kim Jong Un schon bald an den Verhandlungstisch zurückkehren wird. Der Raketenabschuss diene auch dazu, die Macht des erst vor knapp einem Jahr angetretenen Diktators zu festigen, vermutet Ko Yu Hwan, Nordkorea-Experte der Seoul-Universität. Nun sei Kim sowohl innen- als auch außenpolitisch gestärkt und könne für sein verarmtes Land von den USA mehr Wirtschaftshilfe verlangen.
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