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Umstrittener Quadriga-PreisVerleihung für 2011 abgesagt

Nach der teils heftigen Kritik an der Nominierung Putins für den Quadriga-Preis hat das Kuratorium die Verleihung für 2011 komplett abgesagt. Auch weitere Nominierte gehen leer aus.

Bleibt 2011 im Schrank: der Quadriga-Preis. Bild: dapd

BERLIN epd/dapd | Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin wird nicht mit dem Quadriga-Preis ausgezeichnet. Nach parteiübergreifender Kritik an der geplanten Verleihung hat das Kuratorium die diesjährige Preisvergabe komplett abgesagt.

Auch die drei anderen Nominierten, die mexikanische Außenministerin Patricia Espinosa, die türkischstämmige Autorin Betül Durmaz und der palästinensische Premierminister Salam Fayyad, bekommen ihre Preise nicht. Der öffentliche Druck sei zunehmend unerträglich geworden, erklärte das Kuratorium des "Netzwerks Quadriga" am Samstag in Berlin.

Der ehemalige russische Präsident sollte am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober, "für seine Verdienste für die Verlässlichkeit und Stabilität der deutsch-russischen Beziehungen" ausgezeichnet werden. Frühere Preisträger hatten dies mit dem Hinweis auf Menschenrechtsverstöße in Russland kritisiert. Der undotierte Preis wird von der Initiative "Werkstatt Deutschland" und seinem "Netzwerk Quadriga" vergeben, dem unter anderem der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU) vorsteht.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), begrüßte die Entscheidung des Kuratoriums als "gute Nachricht". Die Quadriga (Viergespann-Skulptur auf dem Brandenburger Tor) stehe für Freiheit, Bürgerrechte und Menschenrechte. Putin habe aber in Russland die Bürgerrechte eingeschränkt und die "Demokratie zurückgedreht".

Zuletzt hatte laut Bild am Sonntag der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel gedroht, die ihm 2009 verliehene Auszeichnung zurückgeben, falls sie nun an Putin vergeben werde. Der dänische Künstler Olafur Eliasson hat bereits angekündigt, seinen Preis zurückzugeben. Drei Kuratoriumsmitglieder - Grünen-Chef Cem Özdemir, der Historiker Edgar Wolfrum und die Berliner Mäzenin Barbara-Maria Monheim - waren aus Protest gegen Putins Nominierung zurückgetreten.

Die russische Regierung reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung. Sie habe aber keinen Einfluss auf die Atmosphäre der russisch-deutschen Beziehungen, sagte Putins Sprecher unmittelbar vor den heute beginnenden deutsch-russischen Regierungskonsultationen.

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2 Kommentare

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  • C
    C.K.

    Lieber Alexander Berg,

     

    was Sie schreiben ist natürlich völlig richtig. Sie übersehen aber das Wichtigste. Wir brauchen Erdgas. Vor allem seit wir beschlossen haben, dass die größte Gefahr die uns droht Atomkraft ist. Sie werden doch sicher einsehen, dass man da eindeutig Prioritäten setzen muss.

  • AB
    Alexander Berg

    Treuer Stalinist Wladimir Putin, der für seine dunklen kriminellen Machenschaften, Betrug, Machtmissbrauch und Verbrechen gegen eigenes Volk regelrecht und in voller Übereinstimmung mit den anerkannten Normen des Völkerrechts längst auf eine Anklagebank zusammen mit solchen dubiosen Persönlichkeiten wie Gaddafi, Mubarak, Ahmadinedschad oder Milosevic gehört - diesen Putin wollte man trotz aller Logik und gesundem Menschenverstand wieder ehrenamtlich mit einem deutschen Preis auszeichnen. Putin verdient keine internationale Anerkennung und Auszeichnungen, sondern ein internationales Gerichtsverfahren in Den Haag.

     

    Einen solchen dubiosen, skrupellosen, gewissenlosen, autoritären, korrupten und verbrecherischen Politiker, schamlosen wissenschaftlichen Plagiator, Ex-Spion und hochrangigen KGB-Mann wie Putin mit einem Ehrenkreuz (Frankreich, 2006), einem Dankesorden in der Kategorie Politik (Deutschland/Sachsen, 2009) und jetzt einem Quadriga-Preis (Deutschland, 2011) zu würdigen und salonfähig zu machen, ist aus meiner persönlichen Sicht sowie aus Sicht vieler Bürger und Europäer inakzeptabel und beschämend.

     

    Putin noch einmal eine Auszeichnung verleihen zu wollen ist nicht nur eine Schande für Deutschland, sondern auch ein gewichtiger Verdacht auf Bestechung und korrupte Beziehungen der europäischen Politiker und Wirtschaft zum kleptokratischen Putins Regime.

     

    Putin ist ein dreister Dieb und eingefleischter Bandit. Für seine zahlreichen schweren Verbrechen, beginnend mit seinem großen wirtschaftlichen Betrug im St.Petersburger Bürgermeisteramt, für Machtmissbrauch und gesetzwidrige Bereicherung, für die Bombenanschläge auf Wohnhäuser in Moskau, Wolgodonsk und Rjasan (damals an der Spitze des KGB/FSB) müsste Putin schon längst verurteilt worden sein.

     

    Auch für die folgenden "Verdienste" muss Putin angezeigt werden:

     

    - strafrechtliche Beschlagnahme von Eigentum Dritter;

    - Schaffung einer kriminellen Vereinigung aus engen Freunden und alten Dienstkameraden;

    - illegale Kontrolle durch diese kriminelle Gruppe über die wichtigsten Finanz- und Rohstoffflüsse;

    - Betrug, Urkundenfälschung und Diebstahl in großem Stil;

    - Verschwendung und Export von natürlichen Ressourcen aus dem Land für eigene Bereicherung;

    - Platzierung des gestohlenen Kapitals in Milliardenhöhe im Ausland;

    - Umsetzung der Transport und Verkauf von Rohstoffen (vor allem Erdöl und Gas) durch eigene Offshore-Firmen;

    - Durchführung der illegalen Handelsgeschäfte;

    - Steuerhinterziehung in besonders großer Höhe;

    - Verleumdung und üble Nachrede, indem er seine amtliche Stellung, seine Machtposition und die Medien missbraucht hat;

    - Druck auf das Gericht und die Manipulation der Gerichtsbeschlüsse;

    - Ignorieren der Anforderungen der Verfassung der Russischen Föderation;

    - Verletzung der Grundsätze der Wahl der Leitungsgremien der Macht in den Regionen;

    - Usurpation und Verabsolutierung der Macht;

    - Schaffung realer Voraussetzungen im Lande zum Abgleiten des politischen Systems in eine faschistische Diktatur.