Umstrittener Brückenbau in Dresden: Gericht entscheidet gegen Batman
Die Waldschlösschenbrücke in Dresden darf gebaut werden, obwohl noch ein Gerichtsverfahren läuft. Bekommen die Kläger Recht, wird das Bauwerk wieder abgerissen.
DRESDEN rtr/dpa Der umstrittene Bau der Waldschlößchenbrücke im UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal kann beginnen: Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Bautzen hob einen von Naturschutzverbänden im August erwirkten Baustopp auf. Der Senat verfügte in seinem am Mittwoch verkündeten Beschluss aber Auflagen zum Schutz der bedrohten Fledermausart Kleine Hufeisennase. Mit dem Bau der geplanten Elbbrücke droht der Flusslandschaft der Verlust des 2004 verliehenen Welterbetitels. Nach Auffassung der UNESCO würde eine vierspurige Flussquerung die reizvolle Landschaft des Elbtales bei Dresden verschandeln.
Die Waldschlößchenbrücke soll in rund drei Kilometern Entfernung von der historischen Altstadt Dresdens mit ihren berühmten Barockbauten entstehen. Der Entwurf wird zunehmend skeptisch beurteilt. Der Bund Deutscher Architekten nannte den Baukörper sogar "auffallend plump".
Die Stahlbetonkonstruktion soll mit einer Gesamtlänge von 630 Metern auch die Elbauen überspannen. Über dem Fluss selbst wird sich ein großer Stahlbogen mit einer Spannweite von 145 Metern erheben. Für beide Richtungen sind jeweils zwei Fahrspuren geplant, vorgesehen sind zudem ein Fußgänger- und ein Radweg. Die Kosten für das Projekt belaufen sich einschließlich Zufahrten auf rund 157 Millionen Euro.
Inzwischen gibt es zahlreiche Alternativentwürfe. Favorit der Stadt bei der Suche nach einem Kompromiss war zuletzt eine von einem Stuttgarter Büro entworfene Brücke, die als weniger klobig gilt und angeblich preisgünstiger wäre. Der Bogen über die Elbe wurde dabei nach unten verlegt. Im Gespräch war auch ein Tunnel. Diese Alternative gilt technisch als machbar und kaum teurer als die geplante umstrittene Elbquerung.
Die Richter änderten einen Beschluss des Dresdner Verwaltungsgerichts, das im August den Baubeginn per Eilverfahren gestoppt hatte. Damit gaben sie einer Beschwerde des Freistaates Sachsen statt. Ungeachtet dessen geht der Rechtsstreit weiter, da über den Brückenbau in der Hauptsache noch nicht entschieden ist.
Nach Auffassung des OVG geht von dem Bauwerk zwar selbst keine Gefahr für die Kleine Hufeisennase aus. Allerdings konnte nicht abschließend beurteilt werden, ob die Tiere bei der Jagd nach Insekten gefährdet seien. Daher verfügten die Richter Nachbesserungen in der Brückenbauplanung. So soll eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Kilometer pro Stunde auf der Brücke in den Nächten zwischen April und Oktober verhindern, dass die Tiere von Autos erfasst werden. Die Richter sprachen vom sogenannten Falleneffekt - dabei lassen sich die von der Brückenbeleuchtung angelockten Insekten fallen, um den jagenden Fledermäusen zu entkommen.
Die Naturschutzverbände hoffen nun auf das Hauptsacheverfahren, teilte deren Berliner Rechtsanwalt Peter Kremer mit. Er kündigte eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht an, sollte letztlich das OVG auch im Hauptsacheverfahren dem Regierungspräsidium Recht geben. Am Dresdner Verwaltungsgericht sind seit 2004 noch 21 Klagen von Naturschützern und Anwohnern zum Planfeststellungsverfahren anhängig. Darüber wird 2008 "so schnell wie möglich" entschieden, sagte Sprecher Robert Bender. Sollte mit rechtskräftigem Urteil das Planfeststellungsverfahren aufgehoben werden, dürfte die Brücke nicht weitergebaut werden.
Die Aberkennung des Welterbetitels wäre erst der zweite Fall in der Geschichte der Welterbestätten. Im Sommer hatte die UNESCO einem Naturschutzgebiet im arabischen Sultanat Oman den Status aberkannt.
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