Umstrittene US-Privatkrieger: Letzte Chance auf ein Urteil
Die von den USA für Kriegsdienste engagierte Sicherheitsfirma Xe (früher Blackwater) gerät erneut unter Druck: Ex-Mitarbeiter werfen ihr kriminelle Aktivitäten im Irak vor.
WASHINGTON taz Private Sicherheitsfirmen in Kriegsgebieten schienen vor einigen Jahren die Lösung zu sein. Angesichts schrumpfender Budgets und lästiger Anfragen in den Parlamenten der kriegführenden Demokratien schien das “Outsourcen” von Sicherheitsaufgaben an private Firmen eine ideale Lösung zu sein. So übernahmen für das US-Verteidigungsministerium Konzerne wie Haliburton und Blackwater nicht nur die Bereitstellung von Infrastruktur zum Beispiel im Irak. Die Firmen und ihre Söldnerheere sicherten zudem Diplomatenkonvois, Öltransporte, lieferten das Kantinenessen in die Grüne Zone nach Bagdhad und kämpften auch schon mal mit.
Der Sparvorteil schien das Risiko einer weitgehenden juristischen Vogelfreiheit zu überwiegen. Die Firmen arbeiteten billiger als die behäbige Logistik der Militäradministration. Und wenn einer der namenlosen Söldner im Kriegsgebiet starb, protestierten zuhause in den USA keine Wähler vor den Abgeordnetenbüros. All das schien Kriegsherren wie Präsident George Bushs früherem Verteidigungsminsiter Donald Rumsfeld perfekt geeignet, die Militäroffensive im Irak als Waldspaziergang darzustellen. Krieg als Billigunternehmen mit minimalem Risiko für das eigentliche US-Militär.
Heute, sechs Jahre nach dem Einmarsch in den Irak meinen zahlreiche US-Amerikaner zwar im Zweistromland obsiegt zu haben. Aber der Einsatz von Blackwater und Co. gilt selbst konservativen US-Politikern mehr und mehr als folgenreiche Hypothek der Bush-Administration.
Neuerlichen Anlass zu herber Kritik geben Berichte von vergangener Woche, wonach einige Iraker in einem Zivilverfahren Klage gegen den Gründer der Firma Blackwater, Eric Prince, und seine Mitarbeiter erhoben haben sollen. Die beiden anonymen Kläger, die selbst Mitarbeiter von Blackwater gewesen sein sollen, werfen Prince und den Mitarbeitern Mord und andere kriminelle Aktivitäten im Irak vor.
Prince, dem in zahlreichen Publikationen beste Kontakte ins Pentagon nachgewiesen werden konnten, war bereits 2007 in die Schlagzeilen geraten. Damals hatten Blackwater-Mitarbeiter bei der Begleitung eines diplomatischen Konvois in Bagdad das Feuer auf Zivilisten eröffneten. Nach irakischen Angaben wurden 17 Menschen dabei getötet. Der Irak zog daraufhin den Schutz der Mitarbeiter solcher Firmen vor Strafverfolgung zurück und Blackwater wurde zur Metapher übergriffiger, brutaler westlicher Privatfirmen.
Blackwater musste nach massivem Druck im Mai diesen Jahres schließlich seine Arbeit im Irak einstellen. Die Firma benannte sich, in einem Versuch der Immagekorrektur, um in “Xe”. Prince zog sich zudem offiziell im März als Firmenchef zurück. Allerdings agiert er weiterhin als deren Besitzer und Vorsitzender des Direktorenrats.
Die Kläger werfen ihm und seiner Firma vor, eine “Kultur der Gesetzlosigkeit” propagiert zu haben, die Morde an irakischen Zivilisten, einen Frauen-Sexring, Vergehen an minderjährigen Mädchen sowie Waffenschmuggel im Irak beinhaltet habe. Die Kläger, die ihre Namen als im übertragenen Sinne “Hans Mustermann 1 und 2” angaben, wollten aus Angst vor Racheakten anonym bleiben. “Xe” kündigte für Freitag an, den “anonymen, unhaltbaren und beleidigenden Behauptungen” eine Erklärung entgegensetzen zu wollen.
Unterdessen erhielt ein Gericht in Virginia, dem US-Heimatstaat Blackwaters, eidesstattliche Zeugenaussussagen zweier ehemaliger Blackwater-Söldner, wonach Prince ein “bekennender christlicher Kreuzzügler” sei, der bewusst Söldner einstelle, die “ebenso wie er darauf aus seien, Muslime zu töten, wo sie nur können”.
US-Rechtsexperten sehen die neuerlichen Klagen gegen Blackwater als letzte Gelegenheit, die verbrecherische Vergangenheit der mit der Bush-Administration eng verbandelten Sicherheitsfirma vor Gericht – und damit in die Öffentlichkeit zu bringen. Bislang war es nur gelungen, fünf Mitarbeiter des Mordes im Jahr 2007 zu verhaften. Aus Mangel an Beweisen mussten drei von ihnen freigelassen werden. Zwei sitzen weiter hinter Gittern, allerdings wegen Drogendelikten.
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