Umstrittene Bischofswahl in Kiel: Der andere Kandidat
Gerhard Ulrich will am Samstag zum Bischof von Schleswig gewählt werden. Der Pastor aus Angeln ist kein ahnungsloses Landei, sondern ein Mann des Wortes.
BERLIN taz Es gibt eine schöne Geschichte um die Berufung von Gerhard Ulrich: Ausgerechnet im Stück "Abaelard und Héloïse", der Geschichte des Mönchs, der eine Nonne liebte, spielte er 1973 als Schauspielschüler am Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg eine Rolle, als er kurz vor seinem Auftritt von einer Kollegin den Psalm 139 hörte: "Und nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten." Das, erzählt der Kandidat für das Bischofsamt in Schleswig, habe ihn so bewegt, dass er sich entschloss, sein Studium der Germanistik, Theaterwissenschaften und Schauspielkunst aufzugeben und zur Theologie zu wechseln.
Ulrich, der 57-jährige Propst des Kirchenkreises Angeln, lässt sich gern von Worten bewegen - und er bewegt durch Worte. Der verheiratete Familienvater von vier erwachsenen Söhnen ist Chef der Arbeitsgemeinschaft Homiletik, die das Niveau der Predigten in der evangelischen und katholischen Kirche fördern will. Er sagt, ihn präge "die Leidenschaft für das Wort". Das ist gut lutherisch.
Der Sohn eines Polizisten ist wie sein Kontrahent Gorski die prägende Zeit seines Lebens in Hamburg gewesen - nun aber dient er seinem Herrn seit Jahren vor allem auf dem platten Land, mitten in Schleswig-Holstein. Manche meinen, dies schaffe ihm bessere Chancen bei der bevorstehenden Bischofswahl. Das mag sein. Das Gegensatzpaar städtischer Intellektueller gegen bodenständiges Landei aber trifft nicht. Die Bewerbungsreden beider dürften ein Genuss werden.
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