Umsatzrendite bei Siemens: Auf die Zwölf
12 Prozent Umsatzrendite will Siemens. Kleinsparer bekommen derzeit gerade mal 1,5 Prozent Zinsen. Ist das noch gerecht?
BERLIN taz | Nur 10 Prozent Umsatzrendite statt 12 Prozent dürfte Siemens kommendes Jahr schaffen – aber was heißt hier „nur“? Wird nicht unsereiner für sein Erspartes von der Bank mit 1,5 Prozent oder weniger abgespeist? „Gier und nochmal Gier“, empörte sich ein Leser im Internet über Siemens. Viele werden sich an die Deutsche Bank erinnert fühlen mit ihrem noch schamloser wirkenden 25-Prozent-Renditeziel.
Doch ob 10 Prozent viel oder wenig sind, hängt davon ab, worauf sich dieser Prozentanteil bezieht. Bei Siemens hatte Noch-Chef Peter Löscher 12 Cent Gewinn auf jeden Euro Umsatz versprochen. Mit Umsatz ist alles gemeint, was der Konzern durch den Verkauf seiner Produkte und Dienstleistungen an Erlösen erzielt. Doch um Waschmaschinen und Turbinen herzustellen, braucht es Rohstoffe und Energie, Maschinen und Arbeiter.
Die Kosten dafür müssen ebenso wie Zinszahlungen für etwaige Kredite vom Erlös abzogen werden. Was übrig bleibt, ist der Gewinn. Die Umsatzrendite ist der Gewinn im Verhältnis zum Umsatz.
Was beim Unternehmen der Umsatz ist, ist beim privaten Haushalt das Einkommen. Die 12 Prozent Umsatzrendite sind jedoch etwas ganz anderes als die 1,5 Prozent Rendite, die derzeit manche Banken für Spareinlagen verheißen. Die nämlich beziehen sich nicht aufs Einkommen, sondern auf die Ersparnisse, also auf das, was davon nach Abzug aller Ausgaben übrig geblieben ist. Der Unterschied wird klarer, wenn man hier einfach von Zins statt von Rendite spricht.
Kennzahl für Experten
Die Umsatzrendite wird anders als der Sparzins nicht ausgezahlt. Sie ist lediglich eine Kennzahl, die Investoren bei der Beurteilung eines Unternehmens hilft. Eine hohe Umsatzrendite weist darauf hin, dass der Konzern mit geringen Produktions- und Lohnkosten hinkommt.
Löscher wollte seine Renditeziele folgerichtig mithilfe eines Sparprogramms auf Kosten der Beschäftigten erreichen. Für Investoren ist das prima, weil mehr Gewinn übrig bleibt, der reinvestiert oder an die Aktionäre ausgeschüttet werden kann. Andere Konzerne wie BMW und Henkel erzielen ähnliche Umsatzrenditen wie von Löscher angestrebt.
Die Deutsche Bank übrigens verwendet meist eine andere Kennzahl: die Eigenkapitalrendite. Hier geht es um den Gewinn in Relation zum Eigenkapital – das sind die Unternehmensanteile, die den Aktionären gehören.
Damit will der Konzernvorstand den Aktionären signalisieren, dass er ihr Geld lukrativ einzusetzen weiß. Über die eigentliche Rentabilität sagt das allerdings wenig aus, denn viele Konzerne machen ihre Geschäfte kaum noch mit eigenem Kapital, sondern auf Pump.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Frauenfeindlichkeit
Vor dem Familiengericht sind nicht alle gleich